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Die Kurpfalz im 16. Jahrhundert

(Teil 1 von )

Die Kurpfalz wird calvinistisch

Friedrich III.
Friedrich III.
Kurfürst von 1559 bis 1576

nach dem Tod des kinderlosen Ottheinrich ging die Kur1würde auf den lutherischen Herzog Friedrich von Simmern aus der Familie der Wittelsbacher2 über, der als Kurfürst Friedrich III., der Fromme genannt, von 1559 bis 1576 die Pfalz regierte.
Bei Regierungsantritt waren seine neuen Untertanen in mehrere Parteien gespalten: die strengen Anhänger Martin Luthers, die Freunde Ulrich Zwinglis und Johannes Calvins, sowie die Schüler Philipp Melanchtons3.
Friedrich näherte sich immer mehr der Lehre des französischen Reformators Johannes Calvin und trat bei der ab 1560 schroffer werdenden Parteiung zwischen Lutheranern und Calvinisten immer entschiedener für die Sache der Calvinisten ein. Es gelang ihm immer mehr Anhänger zu gewinnen und war der erste Fürst in Deutschland, der 1561 den Calvinismus einführte.

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Die religiöse Verteilung in Europa um 1600
Die religiöse Verteilung in Europa um 1600

Auf seine Initiative geht auch der Heidelberger Katechismus4 von 1563 zurück, das Lehrbuch der Glaubenssätze der calvinistischen Kirche.

Augsburger Religionsfrieden
Augsburger Religionsfrieden

Nach dem „cuius regio, eius religio“ (wessen Gebiet, dessen Religion) vom 25. September 15555 gelang es dem Kurfürsten die letzten Reste des Katholizismus auszumerzen und auch das lutherische Kirchentum schien äußerlich verschwunden zu sein. Dagegen schlugen alle Versuche fehl, die Täufer6 zum Anschluss an den Calvinismus zu bewegen. „Da sie ein frommes Leben führen und durch Fleiß und Betriebsamkeit zur Blüte der Rheinlande nicht wenig beitrugen, hatte man ihnen bisher stillschweigend Duldung angedeihen lassen.

aus: August Kluckhohn: Friedrich der Fromme, Krufürst von der Pfalz, C. H. Beck Verlag, Nördlingen, 1879, S. 385.
Die Kurpfalz im 16. Jahrhundert
Die Kurpfalz im 16. Jahrhundert (in Rot)

 

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1 Als Kur wurde im Heiligen Römischen Reich die Wahlversammlung zur Bestimmung des römisch-deutschen Königs bzw. Kaisers bezeichnet. Das Wort leitet sich vom mittelhochdeutschen kur bzw. kure („Wahl“) ab. Berechtigt zur Königswahl waren anfangs alle sogenannten Großen des Reiches, seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts dann nur noch die Kurfürsten.

2 Das Haus Wittelsbach ist eines der ältesten deutschen Adelshäuser. Aus ihm gingen jahrhundertelang die Pfalzgrafen, dann Herzöge, Kurfürsten und Könige von Bayern (1180–1918) hervor, ebenso wie die Pfalzgrafen bei Rhein (1214–1803 und 1816–1918), welche zugleich Kurfürsten des Heiligen Römischen Reichs waren („Kurpfalz“). Die Pfälzer Linie stellte ferner die Herzöge von Jülich-Berg (1614–1794/1806).

3 Philipp Melanchthon (eigentlich Philipp Schwartzerdt = griech. = Melanchthon; *16. Februar 1497 in Bretten, Baden, †19. April 1560 in Wittenberg) war ein deutscher Reformator, Humanist und Theologe. Melanchthon war der bedeutendste Mitstreiter und Freund Martin Luthers. Er kam aus der Schicht des aufstrebenden kleinen Bürgertums.
Als Luther nach dem Wormser Reichstag (1521) sich auf Geheiß des sächsischen Kurfürsten als Junker Jörg auf der Wartburg bei Eisenach verbarg, fiel Melanchthon in Wittenberg die Führung zu. Luther betrachtete ihn als seinen Stellvertreter. Die Freundschaft mit Martin Luther führte zu einer engen Zusammenarbeit.
Luther und Melanchthon waren sich einig in der Ablehnung Thomas Müntzers und der Bewegung der Wiedertäufer, zunächst auch in der Auseinandersetzung über das Abendmahl, die nun den ganzen Protestantismus erfasste.
Melanchthon baute an der Seite Luthers tatkräftig das neue evangelische Kirchenwesen auf. Die bedeutendste Aufgabe fiel ihm zu, als er den gebannten Luther auf dem Reichstag zu Augsburg (1530) vertreten musste. Die grundlegende evangelische Bekenntnisschrift, die "Confessio Augustana", wurde von Melanchthon verfasst.

4 Der Heidelberger Katechismus war neben Luthers Kleinem Katechismus der bedeutendste evangelische Katechismus des 16. Jahrhunderts.

Er wurde 1563 auf Veranlassung Kurfürst Friedrichs III. von der Pfalz von den reformierten (calvinistischen) Theologen Zacharias Ursinus und Caspar Olevianus verfasst.

5 Augsburger Religionsfrieden: Reichsgesetz vom 25. September 1555 zwischen König Ferdinand I. (Kaiser Karl V.) Vertreter und den protestantischen Reichsständen zur Beruhigung der ausbrechenden Unruhen zwischen den protestantischen und den katholischen Reichsständen.
Die wichtigsten Bestimmungen des Augsburger Religionsfriedens waren: Den Lutheranern (nicht aber den Reformierten) wurde Frieden und Besitzstand garantiert; den weltlichen Fürsten wurde Religionsfreiheit zugesichert sowie das Recht, über die Religion ihrer Untertanen zu bestimmen (Cuius regio, eius religio). Das bedeutete aber nicht religiöse Freiheit der Untertanen oder gar Toleranz, sondern Freiheit der Fürsten, ihre Religion zu wählen. Wer nicht konvertieren wollte, erhielt lediglich das "Recht" eingeräumt, unter Zahlung einer Nachsteuer und Mitnahme ihrer Habe, in ein Land ihres Glaubens auszuwandern; die geistlichen Fürsten wurden von der Religionsfreiheit ausgenommen; wenn sie zur Reformation übertraten, verloren sie Amt und Territorien; damit sollte die katholische Reichskirche geschützt werden. Die Säkularisation (meist durch Enteignung vollzogene Umwandlung von Kirchengut in weltlichen Besitz) von Kirchengut wurde bis zum Passauer Vertrag von 1552 rückwirkend legalisiert, weitere Säkularisationen wurden verboten.

6 Täufer: von der Kirchengeschichtsschreibung geprägte zusammenfassende Bezeichnung für in der Reformationszeit entstandene christliche Gemeinschaften, die die Kindertaufe als unbiblisch ablehnen und an ihrer Stelle die Erwachsenentaufe üben; deshalb nach ihrem Entstehen polemisch Wiedertäufer (Anabaptisten) genannt.
Kirchengeschichtlich werden die Täufer weitgehend dem spiritualististischen Flügel der Reformation zugerechnet.
Die Grundlagen des Täufertums bilden das Verständnis der Taufe als Erwachsenentaufe, d. h. bewusst vollzogenen individuellen Bekenntnisakt (Glaubenstaufe), und der christlichen Gemeinde als freiwilligen Zusammenschluss mündiger Christen, die das Christentum authentisch leben wollen. Die von den Täufergemeinschaften angestrebte Wiederherstellung des wahren Christentums in der Welt ist nach täuferischem Verständnis wesentlich auch mit der Herstellung sozial gerechter Verhältnisse verbunden, für die die Gemeinden Beispiele sein wollen.
Die erste Täufer-Gemeinde entstand 1525 in Zürich. Die sich seit dem 16. Jahrhundert bildenden Täufer-Gemeinschaften (z. B. Mennoniten und Hutterer) wurden von Anfang an oft grausam verfolgt. Zur Auswanderung gezwungen, ließen sie sich zunächst v. a. in Polen und Mähren, später besonders in Russland und Nordamerika nieder, wo das Täufertum heute in verschiedene Gemeinschaften (z. B. Amische) fortlebt.