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Die Deutsche Ostsiedlung

 

15. - 16. Jahrhundert

Iwan III. von Russland
Iwan III. von Russland

Ende des 15. Jahrhunderts stieg auch Russlands Interesse an Europa. Der Bedarf an ausländischen, vor allem deutschen1 Fachkräften, stieg sprung-haft an.

Iwan III. war der erste russische Großfürst, der ausländische Experten (hauptsächlich Deutschstämmige) mit großzügigen Angeboten nach Moskau lockte.

Mit Hilfe dieser Spezialisten (Kaufleute, Handwerksmeister, Bergbaumeister, Waffenschmiede, Kanonengießer, Gold- und Silberschmiede), die in vielen Berufszweigen die dringend benötigten Spezialkenntnisse und handwerklichen Fertigkeiten hatten, sollte der handwerkliche, gewerbliche und militärische Rückstand im Lande beseitigt werden.

Ansicht einer Moskauer Straße
Ansicht einer Moskauer Straße

Einige dieser für den Zaren unersetzbaren ausländischen Experten blieben für immer in Moskau, dem Zentrum der Macht und lebten in Moskau in sogenannten "Kolonien".

Die Mehrzahl von ihnen besaß zu jener Zeit schon eigene Höfe in Moskau. Nur in seltenen Fällen, d.h. wenn es nicht anders ging, wurden Ausländer, die angereist waren, um in den Dienst des Zaren zu treten, auf verschiedenen russischen Höfen in der Stadt untergebracht.

Konfessionelle Unterschiede stellten anscheinend in dieser Zeit kein Hindernis für enge Kontakte mit den Europäern dar. Der Mensch wurde nicht nach seiner ethnischen oder konfessionellen Zugehörigkeit eingeschätzt, sondern nach seinen fachlichen und menschlichen Qualitäten.

Auch unter den Nachfolgern Iwans III. kamen Deutschstämmige nach Russland.

Wassili III.
Wassili III.

Unter Wassili III. nahm die Gesamtzahl der in den Dienst Moskaus tretenden Ausländer bedeutend zu. Es entstand eine neue Klasse ausländischer Dienstleute: Soldaten, aus denen ganze Abteilungen gebildet wurden.

Iwan IV. erkannte sehr bald, dass sein Volk in technischen Belangen hinter dem übrigen Europa zurückstand. So entsandte er 1547 den aus Goslar gebürtigen Hans Schlitte in deutsche Lande, um dort Spezialisten für den russischen Dienst anzuwerben. Schlitte gelang es 123 Personen anzuwerben, denen anders als unter Iwan III., wo sie in Moskau unter den Russen lebten, eine besondere Örtlichkeit am anderen Ufer des Flusses Jausa zugewiesen wurde. Da die Mehrheit der Ausländer Deutsche1 waren wurde die Ausländervorstadt "Deutsche Vorstadt" (Nemezkaja sloboda2) genannt.

Hier wohnten aber nicht nur Deutsche, sondern überhaupt alle Westeuropäer, also auch Holländer, Dänen, Franzosen, Engländer, Schotten, Schweden, Spanier, Italiener u. a.

Boris Godunow
Boris Godunow

Auch unter Boris Godunow kamen ausgezeichnete ausländische Spezi-alisten als Kulturelemente nach Russland. Er begünstigte nicht nur englische Kaufleute, sondern auch Kaufleute und Industrielle anderer Nationen, wie Holländer und Dänen, aber auch Einwanderer aus Hamburg, Lübeck und Bremen. Boris berief nicht nur Handwerker, Techniker und Ärzte aus dem Ausland, sondern auch Militärs.

Für die ins Land geholten Ausländer erbaute Godunow die "Neue deutsche Vorstadt" (die alte Vorstadt wurde 1571 bei einem Angriff der Krimtataren zerstört) vor den Mauern Moskaus zwischen dem Fluss Jausa und dem Bach Kokuj, die wie ein deutsches Städtchen aussah.

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  1 Auch wenn die meisten Siedler in diesem historischen Zusammenhang als „Deutsche“ bezeichnet wurden, muss diese Bezeichnung im mittelalterlichen Sinn verstanden werden, so dass heute die Mehrheit dieser Siedler nicht mehr als „Deutsche“ gelten würden, sondern als Österreicher, Holländer und Flamen, die in der Neuzeit eigenständige Nationalstaaten gebildet haben und heute nur noch sehr bedingt als Deutsche bezeichnet würden.

 2 Nemezkaja sloboda = deutsche Vorstadt; obwohl dort Angehörige der verschiedensten Nationen lebten. Nmezkij kommt von nemoj (stumm); so nannte man alle, die nicht des Russischen mächtig waren, später wurde es vor allem auf Deutsche bezogen. Diese Ausländer genossen russisches Bürgerrecht und unterstanden den allgemeinen Gesetzen, hatten aber einige Sonderrechte, z. B. hinsichtlich der Selbstverwaltung und der Glaubensausübung. Letzteres blieb ihnen auch später erhalten. Im 19. Jahrhundert entstand hier ein Viertel reicher Kaufleute und Fabrikanten.