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Pfalzdorf im heutigen Nordrhein-Westfalen

Im 18. Jahrhundert zogen viele religiös Motivierte in die Vereinigten Staaten, vor allem nach Pennsylvania, um bei der dort gewährten Religionsfreiheit ohne Repressalien leben zu können.

Der Bauer - der 3. Stand trägt die Last der anderen zwei Stände. Er stützt sich dabei auf seine Hacke, aus seiner Tasche hängen Zettel mit Steuern, Zehnt, Fron- und Militärdienst, seine Saat wird von gefräßigen Rebhühnern und Hasen aufgefressen (adliges Jagdprivileg). Der Abbé ist geprägt von Prunksucht, der Degen des Herzogs ist von Blut gerötet.
Die Bauern tragen die Last
der anderen zwei Stände

Realteilung1, Überbevölkerung, Missernten, überhöhte Belastungen des Staates und religiöse Unterdrückung hatten schon Ende des 17. Jahrhunderts zu Auswanderungen nach Übersee geführt. Es waren Protestanten wie z. B. Mennoniten2, Amische3 und Quäker4. Viele von ihnen kamen aus der Kurpfalz und hatten dort erst einige Jahre oder Jahrzehnte Unterschlupf erhalten. Wenig verwunderlich, dass “Palatine”, das englische Wort für Pfälzer, lange Zeit Synonym für alle Einwanderer aus deutschen Landen war.

Die erste große Massenauswanderung aus der Kurpfalz nach Nordamerika des 18. Jahrhundert setzte 1709 ein.

Tausende von Pfälzern zogen rheinabwärts. Bis 1727 kamen etwa 15.000 "Palatines" im Hafen von Philadelphia an. Zwischen 1727 und 1775 folgten weitere ca. 70.000 Personen. 1775 bestand ein Drittel der Bevölkerung Pennsylvanias aus deutschstämmigen Bewohnern.

Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz
Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz

Hinsichtlich der Massenaus-wanderung aus der Pfalz befürchtete der pfälzische Kurfürst Johann Wilhelm eine Entvölkerung seines Landes mit einer damit verbundenen Senkung seiner Einnahmen. So erließ der Kurfürst im April 1709 eine Verordnung, die das Auswandern in die sogenannte "Insul Pensylvaniam" verbot. Trotzdem hörten die Auswanderungen nicht auf; nun erfolgten sie heimlich.

1741 kam es zur Auswanderung lutherischer und reformierter (calvinistischer) Familien aus der Kurpfalz. Auch sie folgten den englischen Verlockungen und Versprechen, Virginia, North Carolina, New York und Pennsylvania aufzubauen. Die meisten Immigranten kamen aus Biebern, dem Biebertal und dem Hunsrück.

Die Gruppe reformierter und lutherischer Auswanderer wollte wie ihre Vorgänger eigentlich über den Rhein abwärts nach Rotterdam in Holland, um sich dort nach Nordamerika einzuschiffen. Doch durch den Seekrieg zwischen England und Spanien (1739 - 1742) wurden sie in Schenkenschanz an der holländischen Grenze aufgehalten. Verhandlungen mit einem englischen Schiffskapitän scheiterten, da die Auswanderer den Preis für zu hoch hielten und nicht akzeptieren wollten oder konnten. Ein zurück kam nicht in Frage.

Pfalzdorf im heutigen Deutschland
Pfalzdorf im heutigen Deutschland

Schließlich verzichteten die Auswanderer auf die Emigration nach Amerika und baten vor Ort um Zuweisung von Siedlungsland. Ihnen wurde in der Gocher Heide 152 holländische Morgen Heidegrund (rd. 130 Hektar) zur Urbarmachung und Besiedlung zugewiesen, das sie für die ersten fünf Jahre zinsfrei, die folgenden fünf Jahre zum halben Zins und vom 1. Juni 1752 an zum vollen Betrag von 2 Talern pro Morgen bebauen konnten.

Aus dieser Ansiedlung entwickelten sich die Dörfer Pfalzdorf (1747), Louisendorf (1820) und Neulouisendorf (1826), die sich heute im Bundesland Nordrhein-Westfalen befinden.

Gedenkstein in Pfalzdorf: Die Wüste wird zum Acker werden
Zur Erinnerung an die Pfälzer Auswanderer: Gedenkstein in Pfalzdorf:
"Die Wüste wird zum Acker werden!

 

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1 Durch die Realteilung wurde der Besitz einer Familie, insbesondere der Landbesitz, real unter den Erbberechtigten aufgeteilt. Diese Aufteilung fand bei jedem Erbgang statt, sodass die Anzahl von Kleinstparzellen mit der Zeit anstieg. In der Landwirtschaft führte die fortgesetzte Realteilung zu einer Zersplitterung des Ackerlandes in eine Vielzahl kleiner Äcker, oft in Form schmaler Streifen.
Die Realteilung führte in Altwürttemberg dazu, dass di Äcker bald zu klein waren, um eine Familie zu ernähren, deshalb gab es in Württemberg schon früh Nebenerwerbslandwirte, die nebenbei ein Handwerk betrieben. Gleichzeitig sicherte das ererbte Gut einen Mindestunterhalt, denn man erbte nicht nur ein Stück Acker, sondern auch einen Anteil am elterlichen Haus. Allerdings waren das oft nur einzelne Zimmer, in denen sich ganze Familien zusammendrängten.

2 Mennoniten = Anhänger einer evangelischen Freikirche, die die Erwachsenentaufe pflegt u. den Wehrdienst u. die Eidesleistung ablehnt.

3 Amische = eine Gruppe der Mennoniten, die sich wegen ihrer strengeren Auffassung von Kirchenzucht 1693 von den übrigen Mennoniten trennte und seither eine eigene religiöse Gemeinschaft bildet.

4 Quäker = eine christliche Religionsgemeinschaft, die vor allem in den englischsprachigen Teilen der Welt und in Afrika Verbreitung fand.
Grundgedanke ist die Vorstellung einer Erleuchtung durch Gott, die jeden Menschen als Quelle der Gotteserkenntnis und einer wirklich christlichen Lebensführung erreichen kann. Sakramente, wie Kindertaufe und Abendmahl werden verworfen, Vergnügungen gelten als anrüchig, Kriegsdienst wird abgelehnt.