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Altschwedendorf in den 1920er Jahren1

Dorfplan von Gammalsvenskby um 1929
Dorfplan von Gammalsvenskby um 1929

Die Steuern stiegen immer mehr. Unabhängig vom Ergebnis der Ernte musste jeder Landwirt 15-35 Rubel pro Desjatine bezahlen. Bebautes und unbebautes Land wurde gleich besteuert. Es kamen aber auch neue Steuern hinzu, wie die Pferdesteuer oder die Kuh-steuer. Die erste betrug 30 Rubel und die zweite 25 Rubel pro Jahr. Bevor die endgültige Steuer festgesetzt wurde, wurden von der Gesamtsumme 20 Rubel pro Familienmitglied abgezogen. Die Einkommenssteuer wurde dann progressiv dazugezählt: 7 Rubel für die ersten 100, 21 Rubel für die nächsten 100 und 42 Rubel für die dritten 100 verdienten Rubel. Eine Person mit einem Jahreseinkommen von 300 Rubel musste Steuern in Höhe von 70 Rubel bezahlen, eine Steuerquote von 23%.
In einem Jahr musste der Vorsitzende des Dorfrates, Petter Johansson Knutas, für den Besitz einer Kuh und das Land, das er kutlivierte, 65 Rubel Steuer bezahlen, obwohl er wegen der Dürre nichts geerntet hatte.

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Gammalsvenskby
Gammalsvenskby

Ein wichtiges Instrument in der sowjetischen Politik war es, den Orten neue Namen zu geben, insbesondere dann, wenn die alten mit dem vorherigen Regime verbunden werden konnten. Die neuen Namen waren symbolischer Natur und dienten dem Zweck, eine neue sowjetische Identität auzubauen.
1926 wurde Altschwedendorf in Gammalsvenskby umbenannt und neben dem russischen (Staro-schwedske) und ukrainischen (Staro-shvedske) Namen von den lokalen Behörden verwendet.

Unter der Leitung des ukrainischen Zentralkomitees der nationalen Minderheiten (Tsentralnyi Komitet natsionalnykh menshyn, kurz TsKNM genannt) wurde zwischen 1923 und 1929 eine Politik der 'Indigenisierung' durchgeführt mit dem Ziel die ehemaligen ausländischen Kolonisten des Russischen Reiches in eine treue ethnische Minderheit der sowjetischen Ukraine umzuwandeln.

Dazu bekamen 1923 die Vertreter der ethnischen Minderheiten das Privileg, die administrativen Positionen im Rahmen der autonomen Regionen zu besetzen. 1926 entstand ein nationaler schwedischer Gemeinderat in Gammalsvenskby, der einzige in der UdSSR. Auf diese Weise wurde die schwedische Kolonie zum ersten Mal in ihrer Geschichte administrativ von den benachbarten deutschen Siedlungen (Klosterdorf, Mühlhausendorf, Schlangendorf) getrennt und der eigene ethnische Status der Schweden wurde ausdrücklich anerkannt.

Die Schwedischstämmigen konnten nun alle administrativen Positionen besetzen und was noch wichtiger war, Entscheidungen auf lokaler Ebene treffen und die Aufgabe als Sprecher für die Entscheidungen vor Ort zu übernehmen.

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Anmerkungen

1 Jörgen Hedman: Gammalsvenskby: The True Story of the Swedish Settlement in the Ukraine, Stockholm, 2000, S. 29;