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Das Großfürstentum Moskau unter Iwan III.

(Teil 1 von 2)

Iwan III. von Russland
Iwan III. von Russland

Der energische und weitsichtige Iwan III., auch der Große genannt, aus dem Haus der Rurikiden, war von 1462 bis 1505 Großfürst Moskaus und ab 1478 benutzte er zum ersten Mal in der russischen Geschichte für sich im Kontakt mit aus russischer Sicht schwächeren ausländischen Mächten ungekrönt den Titel "Zar" (Kaiser), Selbstherrscher aller Reußen.

In 2. Ehe heiratete er die Griechin Sophia (Zoë) Palaiologa, die Nichte des letzten byzantinischen Kaisers, und knüpfte dadurch namentlich zu Italien, wohl aber auch zu Österreich Beziehungen an. Er fühlte sich als Nachfolger des 1453 untergegangenen Kaisertums von Byzanz und schuf den Mythos von Moskau als "Drittes Rom", mit Vorrang vor allen anderen Staaten.

Er beendete die Kleinstaaterei, unterwarf im erbitterten Kampf die noch verbliebenen russischen Fürstentümer, vereinigte sie unter der Führung Moskaus und gewann Ländereien nördlich, westlich und südlich des Großfürstentums Moskau. Die politischen und ökonomischen Vorraussetzungen für einen zentralisierten Feudalstaat waren gegeben.

Großfürstentum 1300 - 1505
Großfürstentum Moskau 1300 - 1505
Wappen des Großfürstentum Moskaus
Wappen des Großfürstentum Moskaus

Bis Ende des 15. Jahrhunderts stabilisierte er das Großfürstentum Moskau, befreite das Land endgültig von der ca. 250-jährigen tatarischen Fremdherrschaft der als Goldenen Horde1 bezeichneten Tataren-Khanate, brachte es zu einer osteuropäischen Großmacht und öffnete das Tor nach Europa, um es an den technischen und zivili-satorischen Errungenschaften Europas teilhaben zu lassen. Vom kaiserlichen Hof in Wien entlehnte er den Doppeladler im Staatswappen und das höfische Zeremoniell.

Vorder- und Rückseite des Siegels von Iwan III.
Vorder- und Rückseite des Siegels von Iwan III.

Zwischen 1462 und 1533 vergrößerte sich das Moskauer Staats-territorium um das Sechsfache. Seine 43-jährige Herrschaft stellte den Beginn der Moskauer Autokratie dar.

 

Zar Iwan III. weist die Tataren ab, Holszstich 1782
Zar Iwan III. weist die Tataren ab
livländischer Ordensritter
ein livländischer Ordensritter

Mit der Eroberung des Großfürstentums Nowgorod enteignete Iwan die Bojaren2, verschleppte sie nach russischer Art zur Strafe und siedelte sie in entfernte Gegenden Russlands an. Er konfiszierte die Hälfte der erzbischöflichen und klösterlichen Güter. Außerdem warf Iwan der Hanse3 eine Verbindung zu seinen livländischen Gegnern, dem Ritterorden, vor.

Als russische Kaufleute 1494 in Livland ermordet wurden, war das der Anlass für den Moskauer Großfürsten Iwan III., die deutschen Kaufleute aus Nowgorod zu verbannen und das Hansekontor Peterhof, das um das Jahr 1192 gegründet worden war, im Wert von etwa 100.000 Gulden zu schließen.

„.... Ein paar zu Reval und Riga sich aufhaltende Russen, die falsche Münze gemacht und unnatürlicher Sünden bezichtigt wurden, waren nach deutscher Städte Sitten zu Tode gesotten und verbrannt worden. ...."

aus: Wilhelm Stricker: Deutsch-Russissche Wechselwirkungen, Leipzig, 1849;

Die Verbindung zur Hanse war somit unterbrochen. Der Handel, der zuvor über Nowgorod gelaufen war, wurde nun zunehmend über die livländischen Städte (insbesondere Dorpat, Reval und Riga) abgewickelt.

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Anmerkungen

1 Goldene Horde = Bezeichnung für mongolische und türkische Krieger, die in Osteuropa einfielen; gleichzeitig der Name eines historisches mongolisches Teilreiches in Osteuropa und Westsibirien, das Batu Khan 1251 an den Ufern der Wolga errichtete. Die Goldene Horde überquerte 1237 den Fluss Ural und stieß bei ihrem von Plünderungen, Morden und Brandstiftungen begleiteten Eroberungszug bis ins Zentrum der russischen Fürstentümer vor. Moskau und Kiew wurden quasi dem Erdboden gleichgemacht und die Bevölkerung niedergemetzelt. Die Goldene Horde beherrschte das heutige Südrussland bis Ende des 15. Jahrhunderts. Von Russland aus drängte die Goldene Horde weiter nach Polen, Schlesien und Ungarn.

2 Bojar = waren Adlige unterhalb des Ranges eines Fürsten bzw. des Zaren. In der Kiewer Rus hatte sich der Bojarenstand im 8.–9. Jahrhundert ursprünglich aus den Leibwachen der Fürsten entwickelt. Seit dem 12. Jahrhundert erlangten sie erheblichen politischen und wirtschaftlichen Einfluss. Seit dem 15. Jahrhundert war Bojar ein vom Großfürsten bzw. Zaren verliehener Titel der Mitglieder des Bojarenrates (Ratgeber der Großfürsten und Zaren). Da sie der zentralistischen Politik der Moskauer Großfürsten entgegentraten, versuchten diese seit dem 15. Jahrhundert, den Einfluss der Bojaren zurückzudrängen. Zar Iwan IV. ließ im 16. Jahrhundert viele Bojaren töten oder deportieren, nachdem sich diese, um ihre Privilegien fürchtend, gegen ihn verschworen hatten. Peter I. schaffte den Bojarenstand Anfang des 18. Jahrhunderts endgültig ab und ersetzte ihn durch den Dienstadel (dworjanstwo). Der letzte Bojar starb 1750.

3 Hanse = Organisation von niederdeutschen Fernkaufleuten , der rund 70 große und 100 bis 130 kleinere Städte angehörten. Diese Städte lagen in einem Gebiet das heute sieben europäische Staaten umfasst. Ziel der Hanse war die Sicherheit der Überfahrt und die Vertretung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen besonders im Ausland .
Vom 13. bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts beherrschte die Hanse weitgehend den Fernhandel des nördlichen Europa, konnte aber nie eine Monopolstellung erringen. Die hansischen Kaufleute versorgten West- und Mitteleuropa mit den Luxuswaren, Nahrungsmitteln und Rohstoffen des nördlichen und östlichen Europa. Hierzu gehörten z.B. Pelze, Wachs, Getreide, Fisch ebenso Flachs, Hanf, Holz und Holzbauprodukte wie Pech, Teer und Pottasche. Im Gegenzug brachten die Hansekaufleute in diese Länder die gewerblichen Fertigprodukte des Westens und Südens wie Tuche, Metallwaren, hier insbesondere Waffen, und Gewürze.
Zentrale Umschlagsplätze dieses Handels waren die Kontore der Hanse in Novgorod in Nordwestrussland (St. Peterhof), in Bergen in Norwegen (Deutsche Brücke), in Brügge in Flandern und in London in England (Stalhof).