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Ostbesiedlung unter Elisabeth I. (1741 bis 1762)

Die serbischen Militärsiedler

Der Frieden von Aachen vom 18. Oktober 1748 beendete den Österreichischen Erbfolgekrieg (1740–1748). Die Ungarn, die Österreich im Krieg gegen Preußen unterstützt hatten, verlangten für diese Waffenhilfe die Rückgabe der Grenzgebiete an Theiß und Maros.

Ungarn 1739
Ungarn nach 1739

 

Die serbischen und walachischen Grenzer, die dort schon seit langem als Wehrbauern zur Verteidigung der österreichisch-ungarischen Militärgrenze in österreichischem Dienst standen, mussten nun, um dort zu bleiben, ungarische Untertanen werden. Nur 50 Offiziere akzeptierten diese Lösung, die mit der Aufnahme in den ungarischen Adel verbunden war. Wer nicht zustimmte, musste nach Syrmien oder in den Bant umsiedeln.

türkischer Einfall
türkischer Einfall

So begab sich der Oberst Samoilowitsch Iwan Horwath in österreichischen Diensten 1751 in die russische Botschaft in Wien und bat für sich und andere Grenzer die Erlaubnis sich in Russland niederlassen zu dürfen.

Obwohl die orthodoxen Serben als Grenzer in der österreichischen Monarchie eine privilegierte Position (Steuerbefreiung) innehatten, zumal aber von den katholischen Geistlichen unter Druck gesetzt wurden, zum Katholizismus übertzutreten, zogen sie es vor auszuwandern.

 

Saporoger Kosake im 18. Jahrhundert
Saporoger Kosake
im 18. Jahrhundert

Die Grenze zwischen dem Zarenreich und dem Osmanischen Reich im Süden folgte nur an wenigen Stellen natürlichen Hindernissen.

 

Demilitarisierte Zonen am Azowschen Meer und der „Kosakenstaat“ der Saporoger Kosaken2 (von Saporoschje = Land hinter den Stromschnellen) trennten die verfeindeten Staaten. Diese unterhalb der Stromschnellen des Dnepr lebenden Kosaken hatten sich 1654 unter den Schutz der russischen Zaren begeben.

mehr ...... Die Geschichte de Kosaken
Osmanisches Reich 1739
Osmanisches Reich nach dem Frieden von Belgrad 1739

 

Elisabeth I.
Elisabeth I.

Um die Grenze im Süden, Südosten und Südwesten des Reiches zu verstärken folgte die Zarin Elisabeth I. dem Beispiel ihrer Vorgängerin Anna Iwanowna, die während ihrer Regierungszeit (1730-1740) zur Verteidigung der damaligen Südgrenze des Reiches orthodoxe Balkanslawen als „Landmiliz-Regimenter“ ansiedeln ließ.

Diese Regimenter wurden entlang der polnischen Grenze angesiedelt. Die Grenzer erhielten dafür Land, von dem sie wenigstens einen Teil ihres Lebensunterhaltes bestreiten sollten.

 

Am 29. Dezember 1751 erließ Elisabeth I. einen Ukas3, in dem sie den Einwanderern fruchtbares Land versprach. Im Gegenzug sollten sie die damalige Südgrenze des Reiches gegen Osmanen und Tataren verteidigen und die südliche Steppe bewirtschaften und urbar machen.

Panduren
Panduren

Horwath stellte in kurzer Zeit zwei aus 218 Personen bestehende Husaren-4 und Pandurenregimenter5 zusam-men, die aus öster-reichischen Serben, Griechen, Ungarn, Montenegrinern, Bulgaren, Moldauern und Wallachen bestand.

Dieses Völkergemisch führte Horwath als Lokator noch 1751 ins Russische Reich, wo sie zwischen Dnepr und Bug an der russisch-polnischen Grenze, auf saporogischem Grund und Boden, angesiedelt wurden. Das Gebiet erhielt den Namen „Neuserbien6; Haupstadt Neuserbiens wurde Novomyrhorod.

Neuserbien und Slawenoserbien in der heutigen Ukraine
Neuserbien (links) und Slawenoserbien in der heutigen Ukraine

 

Obwohl Kaiserin Maria Theresia am 19. Juni 1752 ein Rekrutierungsverbot erließ, wanderten ständig neue Serben und Walachen nach Neuserbien; diese Migration der Serben, auch Die große Migration der Serben nach Russland genannt, setzte sich bis etwa 1770 fort.

1754 zählte Neuserbien bereits 3.989 Einwohner, von denen 75.33% Rumänen (Moldauer) und 11,56% Serben waren.

 

Plan der Festung der Heiligen Elizabeth
Plan der Festung der Heiligen Elizabeth

Zum Schutz der südlichen Grenze Neuserbiens vor türkischen und tatarischen Angriffen wurde 1754 die zu Ehren der Zarin Elisabeth benannte Festung Heilige Elizabeth (heute Kirowohrad) errichtet.

In kürzester Zeit entstanden 50 Ortschaften mit ähnlichen oder gleichen Namen wie in der alten Heimat.

 

Ab 1753 wurden die neuen Siedler (Serben und Mol-dauer) dann in Slawenoserbien, südlich des Flusses Donez und östlich der Saporoger Kosaken, angesiedelt. 1755 lebten dort 1513 Siedler.

 

Saporoger Kosake
Saporoger Koske

Zwischen den neuen Ansiedlern und den freitatarischen Nei-gungen einzelner Saporoger Kosaken entstanden sehr bald Reibungen, welche auf die Dauer zu unhaltbaren Zuständen führten.

Das Land wurde ohne großen Erfolg bewirtschaftet, da die Grenzer sehr viel Zeit für den Grenzdienst ableisten mussten.

 

Die russischen Grenzen verschoben sich mit der Zeit in Richtung Süden. 1764 wurden die Siedlungen in Städte umgewandelt und im Jahr 1783 die Regimenter der regulären Armee angegliedert und die serbische Bevölkerung komplett von der russischen Bevölkerung assimiliert: Damit war das Experiment ohne großen Erfolg beendet.

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Anmerkungen

2Der Begriff Kosak (russ. Kasák) bezeichnete ursprünglich kein besonderes Volk sondern eine Schar aus bunt zusammengewürfelten Nomadenstämmen und Räuberhorden. Es waren freie, herumstreifende, militärisch organisierte unabhängige Krieger. der ehemaligen südlichen und südöstlichen Grenzgebiete Russlands und Polens gegenüber Tataren und Türken.  
Das Wort Kosak ist türkisch-tatarischen Ursprungs (im Türkischen bedeutet es einen Räuber, Landstreicher und Straßenräuber; im Tatarischen einen freien, leicht bewaffneten Krieger).
Wenn in den alten russischen Chroniken von Kosaken die Rede ist, so wird nicht ein besonderes Volk darunter verstanden, sondern es sind Horden damit gemeint, die ein dem Begriff des Wortes Kosak entsprechendes Leben führten. ........... mehr mehr
Die Kosaken rekrutierten sich v. a. aus russischen und ukrainischen Bauern, die sich seit dem 15. Jahrhundert der Leibeigenschaft beziehungsweise dem wirtschaftlichen Druck auf den Adelsgütern durch Flucht in die freien Steppen am mittleren und unteren Don entzogen. Sie waren lange Zeit unabhägig und bildeten im 16. Jahrhundert an Don und Dnepr Kosakenreiche.
Sie teilten sich in zwei Gruppen: in die dem Moskauer Staat auf Dauer verbundenen städtischen Kosaken, die am mittleren Dnjepr wohnten und sich v. a. der Grenzverteidigung, aber auch dem Handel widmeten, und in die Saporoger ("unterhalb der Stromschnellen") Kosaken am unteren Dnjepr (mit befestigtem Zentrum (Sitsch) auf der Insel Chortyzja; um 1550-1775), die ihren Lebensunterhalt mit Flusspiraterie, Raubzügen, als Söldner und etwas Landwirtschaft verdienten. Von ihnen stammen fast alle anderen Kosakengruppen ab (u. a. Donkosaken, Uralkosaken, Terekkosaken, Sibirische Kosaken). ........... mehrmehr
1648 erhoben sich die Saporoger Kosaken und versuchten, sich als unabhängiger Staat gegen Polen-Litauen, Osmanen (ein historisches Turkvolk in Kleinasien, seit 1923 einheitlich als Türken bezeichnet) und Krimtataren zu behaupten, gerieten jedoch allmählich unter die Oberhoheit des russischen Zaren. Katharina II. hob 1775 die Autonomie der Saporoger Kosaken auf. Im 18. Jahrhundert wurden die Kosaken zu einem privilegierten Militärstand im zaristischen Russland, der an den Landesgrenzen Boden erhielt, dafür aber diese Grenzen militärisch schützen musste. Im zaristischen Russland des 19. Jahrhunderts wurden die Kosaken häufig zur Niederschlagung innerer Unruhen eingesetzt. Nach der Oktoberrevolution hob die Sowjetregierung im Juni 1918 sämtliche Privilegien der Kosaken auf.

4 Die Polnisch-Litauische Union bezieht sich auf eine Reihe von Rechtsakten und Allianzen zwischen dem Königreich Polen und dem Großfürstentum Litauen, die über 400 Jahre bestanden und zur Errichtung des Staates Polen-Litauen 1569 führten und bis 1791 in Mittel- und Osteuropa bestand. Die beiden namensgebenden Länder waren das Königreich Polen und das Großfürstentum Litauen. Das Gebiet umfasste in seiner größten territorialen Ausdehnung um 1600 die heutigen Staatsgebiete von Polen, Litauen, Lettland, Weißrussland sowie Teile Russlands, Estlands, Rumäniens und der Ukraine.

3 Ukas = historische Bezeichnung für: Erlass des Zaren

4 Husaren = Truppengattung der leichten Kavallerie, deren Ursprünge vor allem in Ungarn, aber auch in Kroatien und Serbien zu suchen sind.

5 Panduren = Im 17. und 18. Jahrhundert wurden im Habsburgerreich Soldaten von der Militärgrenze gegen das Osmanische Reich, zumeist Kroaten, Rumänen, Ungarn, und Serben, als Panduren bezeichnet. Die Panduren trugen türkische Flinten, Säbel, verschiedene Arten von Pistolen und lange "Jatagan" genannte Messer. Wegen ihrer roten Mäntel nannte man die Panduren auch gelegentlich „Rotmäntler“ oder „Rote Kapuziner".

6Die Gebiete Neu-Serbien und Slawenoserbien kamen 1764 unter Katharina II. zum Gouvernement Neurussland.