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Das Leben in der neuen Heimat

Zieselmaus
Zieselmaus

Bis zum Bau der Schule im Jahr 1854 fand der Unterricht der Kinder in Schwedendorf beim Lehrer zu Hause statt. Es bestand Schulpflicht für alle Kinder zwischen zehn und 16 Jahren. Die Kinder lernten Schwedisch, etwas Geographie, Lesen, Deutsch, Russisch und der lutherische Katechismus musste auswendig gelernt werden.

In den Jahren 1821 und 1825 verwüsteten Heuschreckenschwärme den Getreideertrag im ganzen Bezirk und in den Jahren 1832 und 1833 richteten Erdhasen (Ziesel) viel Schaden an.

Heuschreckenschwarm
Heuschreckenschwarm
Alexei Petrowitsch Bogoljubow: Seeschlacht bei Sinope 1853
Alexei P. Bogoljubow:
Seeschlacht bei Sinope 1853

Während des Krimkrieges von 1853-1856 befand sich Schweden-dorf 200 km von der Front entfernt.

Wie alle Kolonisten waren auch die Siedler von Schwedendorf vom Militärdienst befreit, mussten aber durchziehende Truppen ein-quartieren, die während des Krimkrieges (1853 - 1856) Typhus einschleppten. So kam es zu einem großen Sterben in den Jahren 1855/56.

Die Kirche in Schwedendorf

Kirche in Schwedendorf
die Kirche in Schwedendorf
Zeichnung von Mats Utas

Bis 1787 wurden die Predigten im großen Salon des Pfarrhauses abgehalten.
Unter Leitung eines ukrainischen Baumeisters begann 1785 nach ukrainischer Tradition der Bau einer kreuzförmigen Holzkirche.

Erst im Hochsommer 1885 war die neue Steinkirche zu Ehren des Evangelisten Johannes fertig.

Die Kirche hatte zwei kleinere Querschiffe, einen Chor mit einem kleinen Altar und bot 200 Personen Platz. Die Dächer des Kirchenhauses und des Glockenturmes waren aus Brettern.

Kirche in Altschwedendorf um 1929
Kirche in Altschwedendorf um 1929
Alexander II.
Alexander II.

Die Auflösung der all umstrittenen Kolonistenrechte (Privilegien) aus innen- und außenpolitischen Gründen1 durch den Ukas Alexanders II. vom 2. Juli 1871 und die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht mit sechsjähriger Dienstzeit vom 13. Januar 1874, führte in ganz Russland zu einer großen Auswanderungswelle nach Übersee (USA und Kanada).
Bis 1912 waren es etwa 300.000 Russlanddeutsche, die dorthin auswanderten.

Der erste Siedler aus Schwedendorf, der 1886 nach Wetaskiwin in Alberta/Kanada auswanderte, war Hindrik Kristiansson Utas mit seiner Frau und fünf Kindern. Bis 1926 waren ihm weitere 28 Familien gefolgt.

Auch der in der Zwischenzeit auftretende Landmangel führte 1898 zur Auswanderung nach Sibirien, wo Land kostenlos vergeben wurde.

Schon 1860 waren fast 100 Familien im Umkreis ohne Land und die Zahl der Landwirte, die im Besitz eines ganzen Hofes von 60 Desjatinen war, wurde immer kleiner.
In Schwedendorf war es üblich, dass nur der älteste Sohn den Hof ungeteilt erbte (Majorat). 1897 lebten 710 Einwohner in Schwedendorf.

der Schwedenbezirk am Dnepr
der Schwedenbezirk am Dnepr

Von den 12.000 Desjatinen (13.200 ha) Land, die einst für Schwedendorf bestimmt waren, hatte das Biziukov Kloster schon 1782 3.000 Desjatinen (3.600 ha) und die deutschen Kolonien (Mühlhausendorf, Klosterdorf und Schlangendorf) 8.000 Desjatinen (8.800 ha) bekommen.

Aufgrund der Landnot und schlechten Ernten wanderten zu Beginn des 20. Jahrhunderts weitere Familien aus Schwedendorf nach Sibirien und Kanada aus.

Erst 1923 durch eine Umplanung bekamen 55 Familien die Erlaubnis, 18 km nordwestlich von Schwedendorf eine Tochterkolonie zu gründen.
Schwedendorf erhielt den Namen Altschwedendorf (ukrainisch: Staroschwedske, schwedisch: Gammal-svenskby) und die Tochterkolonie Neuschwedendorf (schwedisch: Nysvenskby). Eine zweite Tochterkolonie (Svenskåker) zwischen Altschwedendorf und Neuschwedendorf wurde nie richtig bewohnt. Die Siedler verweilten dort während der Ernte, wohnten dann aber überwiegend in Altschwedendorf.

Im Jahr 1915 wurden dann die Dörfer Schlangendorf (Smijiwka), Mühlhausendorf (Mychajliwka), Klosterdorf (Kostyrka) und Altschwedendorf (Staroschwedske) im Dorf Smijiwka vereinigt.

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Anmerkungen

1 Innenpolitisch brachte die Abschaffung der Leibeigenschaft in Russland seit 1861 durch Alexander II. formal eine Angleichung des russischen Bauernstandes an den der Deutschen. In Ermangelung einer Bodenreform erhielten die nun freien russischen Bauern nicht das Land, auf dem sie bislang gearbeitet hatten. Viele arbeiteten daher als Tagelöhner bei deutschen Bauern, was nicht selten zu Neid unter der russischen Bauernbevölkerung führte.
Außenpolitischer Anlass waren die Folge des deutsch-französischen Krieges (1870-1871) und die Gründung des Deutschen Kaiserreiches (1871), das seit der dritten Teilung Polens (1795) nun in unmittelbarer Nachbarschaft lag.