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Das russische Zarenreich im 17. Jahrhundert

Der 2. und letzte Aufstand der Strelitzen (1698)

(Teil 1 von 3)

Patrick Gordon
Patrick Gordon

Als Peter am 24. August 1698 seinen Sommersitz Preobrashenskoje bei Moskau erreichte, hatte der General Gordon1 die Rebellion bereits in einer offenen Feldschlacht niedergeschlagen. Die regulären Truppen der Poteschnie hatten ihm so gute Hilfe geleistet, dass Peter sie reich belohnte und sie später zu seiner Leibgarde erhob.

 

Die Strelitzen2 hatten die Abwesenheit des Zaren ausgenützt, um einen neuen Aufstand anzuzetteln. Diese wilde, zuchtlose Soldateska3 mit ihren herkömmlichen Rechten und veralteten Sitten waren für den Zaren das gefahrvollste Hindernis für seine Reformen.

 

Niederschlung der Verschwörung
Niederschlung der Verschwörung

Um ihre Macht zu brechen, die Peter so oft bedroht hatte, ließ er noch vor seiner Abreise (Große Gesandtschaft) einige der verwegendsten Strelitzen, die eine Verschwörung gegen den Zaren anzetteln wollten, auf grausame Weise hinrichten und andere minder Schuldige in das Innere des Reiches verteilen, wo sie mit den übrigen Truppen vermischt wurden. Der Geist des Aufruhrs war wohl damit nur für einen Augenblick überwältigt, aber nicht unterdrückt worden, denn seit der Abreise des Zaren erlangte er neue Kräfte.

 

Strelitzen um 1698
Strelitzen

Der Vorzug, der den neuerrichteten aus Ausländern bestehenden regulären Truppen bei jeder Gelegenheit vor den Strelitzen eingeräumt wurde, die immer fühlbarere Zurücksetzung, die den Strelitzen widerfuhr, ihre Versetzung an die Grenzen des Reiches und die damit vollzogene Familientrennung, dazu die Verschwörung der Priester, die gegen die zahlreich eingewanderten und eingeführten Ausländer, wie gegen Ketzer eiferten, gab der allgemeinen Unzufriedenheit Nahrung.

Als man dann auch noch erfuhr, dass der Zar in den Niederlanden und in Englandneue Scharen von Ausländern angeworben hatte und dass ihre Künste mehr gelten sollten als alle Leistungen der Einheimischen, stieg in ihnen der Wunsch eine Regierungsveränderung ins Werk zu setzen.

Ehe man in Moskau etwas erfahren hatte und ehe man über die Vorkehrungen zur Unterdrückung einig wurde, war der Aufstand schon im Gang und die Strelitzen, wohl an die 20.000 Mann, im Marsch gegen die Hauptstadt.

lineAnmerkungen

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1 Patrick Gordon war ein schottischer General der russischen Armee.Patrick wurde am 31. März 1635 als jüngster Sohn der katholischen Familie Gordon of Auchleuchries geboren. Aus religiösen Gründen weigerte er sich eine Universität in Schottland zu besuchen und verließ 1651 seine schottische Heimat. Über Danzig, Kulm, Posen und Hamburg tritt er 1661 in den Dienst des russischen Zaren Alexei I. Zusammen mit anderen Landsleuten und weiteren Westeuropäern sollte Patrick Gordon die russischen Truppen ausbilden. Doch findet er sich mit der komplizierten Situation am zaristischen Hof nicht zurecht und entschließt sich gegen Ende des Jahres 1661 Russland wieder zu verlassen, was ihm aber nicht erlaubt wurde. Er zeichnete sich in den Feldzügen gegen die Türken aus, war längere Zeit Kommandant von Kiew, wurde 1687 General und gewann seit 1689 hohen Einfluss auf Peter den Großen, dessen Heere er mit François Lefort auf europäische Art ausbildete. Im Türkenkrieg 1696 leitete er als kommandierender General die Operationen und eroberte die Festung Asow. Während Peters erster Auslandsreise war er Gouverneur von Moskau und unterdrückte den Aufstand der Strelitzen. Zum Ende seines Lebens war Gordon schwer krank und wurde immer wieder von Zar Peter besucht. Dieser soll während er starb (†29. November 1699) seine Hand gehalten und ihm die Augen geschlossen haben.

2 Strelitzen = Bezeichnung für die von Zar Iwan dem Schrecklichen um 1550 eingeführte Palastgarde. Sie waren für ihre gute Ausbildung und ihre Loyalität gegenüber dem Zaren bekannt. Die Strelitzen bildeten den Kern der russischen Heere, waren aber ohne Kriegskunst und Mannszucht und wegen des Starrsinns, womit sie an ihren alten Einrichtungen und Privilegien festhielten, leicht zu Empörungen geneigt und für die Ruhe des Reichs gefährlich. Die Strelitzen erhielten nur geringen Sold, waren dafür aber mit Handels- und Gewerbeprivilegien ausgestattet; ihr Dienstverhältnis war lebenslänglich und erblich.

3 Soldateska = disziplinloses und gewalttätig vorgehendes Militär. Die Söldnerheere hatten damals nicht die heute aus Heeren bekannte - oder wenigstens geforderte - Disziplin.