Du bist in: Deutsche in Russland > Das russische Zarenreich im 17. Jahrhundert >Peter der Große

Das russische Zarenreich im 17. Jahrhundert

Peter der Große in England

(Teil 3 von 4)

Willem van de Velde der Jüngere: HMS Resolution im Sturm
Willem van de Velde der Jüngere:
HMS Resolution im Sturm

Im Januar 1698 verließ der Zar die Niederlande und fuhr mit einem kleinen Teil der Großen Gesandtschaft (25 Personen) nach England, der Mutter von Industrie und Welt-verkehr, wo er sich die theoretischen Grundlagen der Seefahrt und der Navigation erklären ließ und ein Flottenmanöver der Royal Navy beobachten konnte.

 

In England hielt Peter sich über 3 Monate auf, sah und lernte vieles, was er in Holland vermisst hatte. So merkte er bald, dass die Engländer im Schiffsbau größten Wert auf die Ausrüstung ihrer Schiffe mit mathematischen und physikalischen Geräten legten.

 

Sayes-Court, Haus des John Evelyn
Sayes-Court, Haus des John Evelyn

In der Tat verbrachte Peter auch in England den größten Teil seiner Freizeit mit dem Bau von Schiffsmodellen und Möbeln.

Er lehnte die ihm angebotene Königswohnung ab und mietete sich das Haus des John Evelyn in Deptfort, in der Nähe der Admiralitätswerft, von wo er unbemerkt in den königlichen Bauhof gelangen konnte.

 

Peter in Deptford
Peter (links mit der Säge) in Deptford

 

Peter auf der Werft
Peter auf der Werft

Hier wiederholte sich das Leben von Zaandam. Jeden Morgen ging er durch eine Hintertür an den großen Bauplatz, unterhielt sich mit den Schiffsherren und den Baumeistern, ließ sich von ihnen unterrichten und baute selbst an einem englischen Schiff mit.

Am liebsten war ihm der Umgang mit Anton Dean, einem der geschicktesten Schiffsbaumeistern in England.

 

Johannes Lippmann: Arbeiter in einer Schmiede
Johannes Lippmann:
Arbeiter in einer Schmiede

Peter richtete seine Aufmerksamkeit aber nicht nur auf den Schiffsbau.

Peter ließ sich, um möglichst viel zu sehen, von seinen Gastgebern kreuz und quer durch England führen, wobei er sich insbesondere für Eisenwerke, Brücken und Hafenanlagen interessierte.

Man sah ihn auch in einer Schmiede und in einer Stückgießerei. Keine Kunst, vom Uhrmacher bis zum Sargmacher, ließ er unbeachtet und von allem, was ihm hervorragend schien, wie z. B. Särge, schickte er Modelle in die Heimat. 

 

Mit wenig Erfolg versuchte man den Herrscher Moskaus auch für kulturelle und politische Veranstaltungen des englischen Lebens zu interessieren.

In all diesen Gelegenheiten machte er den Eindruck, ein unempfindlicher Spießbürger der kulturellen Werte zu sein, der nicht einmal auch nur einen Blick auf die schönsten Bilder warf, der aber in kindliche Begeisterung fiel, wenn er auch die nur kleinste Technik sah.

 

Thomas Tenison
Thomas Tenison

So kann man auch verstehen, wenn der Erzbischof von Canterbury Thomas Tenison sich wie folgt über den Zaren äußerte:

..... Der Zar scheint geeigneter für den Beruf des Tischlers zu sein, als für den Rang eines mächtigen Herrschers. .....

 

Peter besuchte Gottesdienste verschiedener Religionen und lernte dabei den der Quäker1 William Penn kennen. Schauspiele hielt er für Zeitvergeutung.

 

Kleidung

Peter war sehr von der Einfachheit der englischen Kleidung, die er bei den wohlhabenderen Ständen fand, beeindruckt. Er bewunderte die englische Nation, ihren Handel, ihren Unternehmungsgeist, ihre Institutionen.

 

Armillarsphäre oder Weltmaschine des 17. Jahrhunderts
Armillarsphäre des 17. Jahrhunderts,
das zur Messung von Koordinaten am Himmel od.
der Darstellung der Bewegung von Himmelskörpern

Peter nahm viele Engländer zu verschiedenen Zwecken in seine Dienste.

So sollte der Astronom und Mathematiker Fergusson aus Schottland mit 2 seiner Schüler in Russland eine Seeschule anlegen und der Ingenieur-Kapitän John Perry den Plan verwirklichen, die Wolga mit dem Don zu verbinden.

Die Zahl der Offiziere, Wundärzte (Chirurgen), Kanoniere und Künstler, die er in kurzer Zeit um sich versammelte, belief sich auf über 500.

 

Ende April 1698 kehrte Peter zur restlichen Gesandtschaft nach Holland zurück.

lineAnmerkungen

indietro 1 2 3 4 avanti
1 Der Name Quäker stammt aus dem englischen to quake : beben zittern und warr ursprünglich ein Spottname für Zitterer, die sich Schüttelnden. Die Anhänger dieser protestantischen Religionsgemeinschaft die sich anfangs selbst noch Kinder des Lichtes nannten verfielen in ihren Andachten teilweise in eine Art Ekstase wo sie zu beben und zittern begannen. Deswegen wurden sie als „quaker“ verspottet.
Die 1652 gegründete Gesellschaft der Freunde (gemeint sind sie als Freunde Jesu) fand vor allem in den englischsprachigen Teilen der Welt und in Afrika Verbreitung und entstand vor allem durch den Einfluss des englischen Handwerkers und Laienpredigers George Fox, der im Nordwesten Englands wirkte.
Grundgedanke ist die Vorstellung einer Erleuchtung durch Gott, die jeden Menschen als Quelle der Gotteserkenntnis und einer wirklich christlichen Lebensführung erreichen kann. George Fox erlebte solche Erleuchtung, was ihn in ein Schütteln versetzte, wie es auch heute noch in den Versammlungen der Quäker erlebt wird. Kindertaufe und Abendmahl,die allen Kirchen gemeinsamen Sakramente, werden verworfen, Vergnügungen gelten als anrüchig, Kriegsdienst wird abgelehnt. Die Ältesten leiten die Gemeinden.
Die heute weltweit etwa 200.000 Quäker sind vor allem in England und in den USA verbreitet, dort gehen sie auf das Wirken von William Penn zurück.
Nach dem 2. Weltkrieg organisierten die amerikanischen Quäker umfangreiche Hilfsorganisationen für das zerstörte Europa, dafür erhielten sie 1947 den Friedensnobelpreis.