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Die Kurpfalz im 16. Jahrhundert

(Teil 3 con 3)

Die Täufer in der Kurpfalz

Ludwig V.
Ludwig V.

die kaiserliche Aufforderung veranlasste Ludwig V. am 5. März 1528 einen scharfen Mandat gegen die Täufer1 zu erlassen, in dem er mehrmals wiederholte, dass er auf Grund des römisch kaiserlichen Majestät Gebot gehorsamst einschreiten müsse.

„Wir werden von Römisch-Kaiserlicher Majestät, unserm Herrn [Karl V.], jetzt durch eine an uns ergangene öffentliche Verkündigung und einen Gebotsbrief berichtet, daß abermals eine andere greuelvolle und erschreckliche irrige Meinung und Vornahme einer neuen oder Wiedertaufe mit Einmischung vieler ungeschickter, verkehrter und vedammter Artikel, Sekten und Verbündnisse, ohne Zweifel vornehmlich zur Ausrottung aller Ober- und Ehrbarkeiten erdacht wurde und in vielen Fürstentümern, Landen und Gebieten des heiligen römischen Reiches durch Eingebung und Anweisung etlicher verführerischer und falscher Lehrer entstanden ist.
Die Wiedertaufe ist nicht allein wider unseren heiligen christlichen Glauben und unsere Religion, sondern auch gegen geistliches und weltliches Recht, Ordnung und Gesetz, auch der römisch kaiserlichen Majestät, unseres allergnädigsten Herrn und dem jetzt ausgegangenen Mandat und Edikt zuwider und billig strafbar; …. Wir wollen ihr begegnen, wie die Notdurft es erfordert, vor allem aber, um der römisch kaiserlichen Majestät Gebot und Edikt gehorsamst nachzuleben, wie wir uns für schuldig erkennen. Dazu sind wir auch geneigt, ein peinliches und förderliches Einsehen bei den Unseren zu tun, gegen die, wie nachstehend gemeldet wird, zu strafen sind. ….
So gebieten wir Euch allen, unseren Verwandten, Angehörigen und Untertanen, männlichen und weiblichen Geschlechts, Jung und Alt, wessen Standes und Wesens sie auch seien, ernstlich mit diesem offenen Brief und wollen – bei der Pein ob bestimter kaiserlicher Rechte und höchster Leibesstrafe des Todes, Benehmung des Lebens durch Feuer und Verlierung aller seiner Habe und Güter – daß sich nur niemand, der vorher nach christlicher Ordnung einmal getauft worden ist, wiedertaufen lasse, noch andere wiedertaufe, weder dazu Hilfe reiche oder Steuer tue, sondern Euch desselben gänzlich enthaltet. Die mit solchem Frevel und Laster Beladenen sollt Ihr als Abtrünnige unter der Gemeinde bei Euch nicht dulden noch verschweigen, sondern sie uns und unseren Amtleuten anzeigen. Wenn aber jemand erfunden würde, daß er einen solch böser Sache der Wiedertaufe Beladenen beherbergte, ihm Hilfe oder Rat erzeigte und dabei wußte, daß es ein Wiedertäufer war, aber dennoch uns oder unseren Amtleuten nicht angezeigt hätte, soll er alsbald vermöge der kaiserlichen geschriebenen Rechte und Satzungen zehn Lot Gold in unsere Kammer zu zahlen verfallen sein; den vierten Teil erhält der, der einen solchen anzeigt oder Beweise vorbringt, durch die er überführt wird. So jemand freventlich und verächtlich den oben genannten Geboten zuwider befunden wird, soll er streng und ohne alle Gnade, wie oben gesagt, gestraft werden. Wir wollen Euch alle und einen jeden besonders hiermit würdiglich und öffentlich gewarnt und ermahnt haben.“

Mandat gegen die Täufer vom 5. März 1528 in: Christian Hege: Die Täufer in der Kurpfalz, ein Beitrag zur badischpfälzischen Reformationsgeschichte, Hermann Minjon Verlag, Frankfurt am Main, 1908, S. 58 ff.

Aber keine Maßnahmen der Behörden vermochten die bekenntnistreuen Christen einzuschüchtern. An einigen Orten waren alle Gefängnisse von ihnen angefüllt. Die Verfolgungen zwangen viele Täufer aus der Pfalz auszuwandern.

Alzey, Kupferstich nach Matthäus Merian
Alzey, Kupferstich nach Matthäus Merian

Den Gefangenen aber harrte eine schwere Glaubensprobe. Ihnen wurde das kaiserliche Mandat vorgelesen und dann mussten sie sich entscheiden: entweder Verleugnung ihres Glaubens, Widerruf und Freiheit, oder Treue der Überzeugung und damit den Tod. Ohne Zögern bekannten sich fast alle zur Treue im Glauben. Ihr Los war entschieden. Ohne Urteilsspruch ließ der Kurfürst sie in Alzey unter Leitung des Burggrafen Dietrich von Schönenburg hinrichten. Die Männer wurden enthauptet und die Frauen in der Pferdeschwemme ertränkt.

Jan Luyken: Die Hinrichtung der Täufer
Jan Luyken: Die Hinrichtung der Täufer
gebrandmarkte Täufer
gebrandmarkte Täufer

Die Regierung ging unmenschlich vor. Selbst Widerrufende wurden in barbarischer Weise misshandelt. Mit einem glühenden Eisen ließ der Kurfürst ihnen ein Kreuz auf die Stirn brennen und sie mussten schwören, die Kurpfalz für immer zu verlassen.
In jener Zeit sollen im Lande Ludwigs V. etwa 350 Täufer um ihres Glaubens willen hingerichtet worden sein. Selbst der Burggraf von Alzey, Dietrich von Schönenburg, soll erstaunt gerufen haben: „Was soll ich tun? Je mehr ich richten und töten lasse, je mehr werden ihrer.

Den Höhepunkt der blutigen Verfolgungen war das Jahr 1529 mit dem am 23. April verabschiedeten Mandat gegen die Täufer (Wiedertäufermandat), eine Sammlung von Beschlüssen des Reichstages von Speyer, die die religiöse Bewegung der Täufer bekämpfen sollte.
Es wurde die Todesstrafe (ohne Inquisitionsprozess), nicht nur für die Wiedertaufe für jeden Mann oder Frau, sondern auch für die Weigerung der Säuglingstaufe gefordert. Jeder, der seine Zugehörigkeit zu den Täufern widerrufen hatte, dann aber rückfällig wurde, sollte keine zweite Chance zum Widerruf erhalten. Wenn irgend ein Vertreter der Obrigkeiten nicht bereit war, auf die Einhaltung dieses Mandats zu achten, musste mit kaiserlicher Ungnade und schwerer Strafe rechnen.

In Ludwigs späteren Lebensjahren überkam den Kurfürsten bittere Reue über die zahlreichen Todesurteile. Er soll geäußert haben, „daß er nicht mehr Lust habe, seine Hände in solchem Blute zu waschen.“ Tatsächlich wurden in den letzten Regierungsjahren Ludwigs V. keine Todesurteile mehr erlassen, was nicht bedeutete, dass die Täufer in der Kurpfalz geduldet wurden. Er starb am 16. März 1544 in Heidelberg.

Die Juden in der Kurpfalz

Wormser Juden, zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts
Wormser Juden mit "Judenring"2,
zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts

Ludwig V., dessen ganze Regierungspolitik eigentlich einen versöhnlichen Charakter trug, verleugnete er auch nicht in der Behandlung der Juden.

1543 lebten in vielen pfälzischen Orten Juden, was aus einem Vidimus ersichtlich ist, das der Rat der Reichsstadt Heilbronn von einem bei Kaiser Ferdinand erwirkten Privileg in weitem Umkreis verteilen lies.

Dieses Vidium wurde unter anderem in den Orten Oppenheim, Nierstein, Alzey, Westhofen, Mosbach, Neckarelz, Heidelberg, Handschuhsheim, Weinheim und Wiesloch verkündet.

 

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1 Täufer: von der Kirchengeschichtsschreibung geprägte zusammenfassende Bezeichnung für in der Reformationszeit entstandene christliche Gemeinschaften, die die Kindertaufe als unbiblisch ablehnen und an ihrer Stelle die Erwachsenentaufe üben; deshalb nach ihrem Entstehen polemisch Wiedertäufer (Anabaptisten) genannt.
Kirchengeschichtlich werden die Täufer weitgehend dem spiritualististischen Flügel der Reformation zugerechnet.
Die Grundlagen des Täufertums bilden das Verständnis der Taufe als Erwachsenentaufe, d. h. bewusst vollzogenen individuellen Bekenntnisakt (Glaubenstaufe), und der christlichen Gemeinde als freiwilligen Zusammenschluss mündiger Christen, die das Christentum authentisch leben wollen. Die von den Täufergemeinschaften angestrebte Wiederherstellung des wahren Christentums in der Welt ist nach täuferischem Verständnis wesentlich auch mit der Herstellung sozial gerechter Verhältnisse verbunden, für die die Gemeinden Beispiele sein wollen.
Die erste Täufer-Gemeinde entstand 1525 in Zürich. Die sich seit dem 16. Jahrhundert bildenden Täufer-Gemeinschaften (z. B. Mennoniten und Hutterer) wurden von Anfang an oft grausam verfolgt. Zur Auswanderung gezwungen, ließen sie sich zunächst v. a. in Polen und Mähren, später besonders in Russland und Nordamerika nieder, wo das Täufertum heute in verschiedene Gemeinschaften (z. B. Amische) fortlebt.

2 Judenring: Der Gelbe Ring war im Mittelalter eine für Juden vorgeschriebene Kennzeichnung. Als weitere Bezeichnung je nach Ausführung sind Judenring, Judenkreis, Gelber Fleck oder Rouelle (frz. „Scheibe“) üblich.
Juden mussten seit dem 13. Jahrhundert in vielen Ländern und Regionen Europas außen sichtbar ein Stoffstück in Kreis-, Ring- oder Rechteck-Form – meist vorn in Brusthöhe – auf der Kleidung tragen. Dies war Teil einer Gesetzgebung der kirchlichen und weltlichen Herrscher, die darauf zielte Juden auszugrenzen und zu diskriminieren.
Der Judenring gilt als Vorläufer des Judensterns aus der Zeit des Nationalsozialismus.