Die Tempelgesellschaft

Der Aufbruch der Ungeduldigen

Verunsichert durch den Deutschen Krieg1 zwischen Preußen und Österreich im Jahr 1866, in den die Templer nicht hineingezogen werden wollten, hatten sich einige jüngere Templer dazu entschlossen, mit der geplanten Auswanderung Ernst zu machen.

Václav  Sochor: Die Batterie der Toten (1866)
Václav Sochor: Die Batterie der Toten (1866)

Ein Teil von ihnen wanderte im Sommer 1867 nach Amerika und Russland aus, weitere zogen eigenmächtig nach Palästina, wo sie landwirtschaftliche Siedlungen gründen wollten.

David Roberts: Nazareth 1842
David Roberts: Nazareth 1842

In Chnefiß und Samunieh, am West-abhang der Hügel von Nazareth ge-legen, wurden 1867 die ersten Häuser gebaut.

Große Schwierigkeiten, Krankheit und Man-gel an Organisation stellten sich dem Unternehmen aber in den Weg; von den 25 Personen, die versuchten sich dort anzusiedeln, starben 15 noch im selben Jahr, 7 in Medjedel und 8 in Samunieh.

Christoph Hoffmann
Christoph Hoffmann

Hoffmann hatte versucht, die Ungeduldigen zu bremsen, denn er war der Ansicht, dass der „Tempel“ in Deutschland noch nicht genügend gefestigt sei und man warte darauf, von der osmanischen (türkischen) Regierung einen soge-nannten „Ferman“, also eine offizielle Genehmigung für eine Ansiedlung in Paläs-tina zu erlangen. Die Organisation drohte zu zerbröckeln.

Unter dem Druck der Anhänger wurde am 25. März 1868 beschlossen, nicht länger auf den „Ferman“ zu warten und nach Palästina auszuwandern. Nazareth sollte der erste Vorposten der Templer im Lande werden.

 

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1 Im Jahr 1866 war die Auseinandersetzung zwischen Habsburg-Österreich und Hohenzollern-Preußen durch die Schlacht bei Königgrätz zugunsten Preußens entschieden worden. Das Königreich Württemberg hatte auf österreichischer Seite gegen Preußen gekämpft. Unter der jüngeren Generation der Tempelgesellschaft wuchs die Angst vor einer Einberufung zum Militär. Es drohte die unkoordinierte Auswanderung ins Heilige Land von denjenigen, die der Wehrpflicht entfliehen wollten. Das entsprach aber nicht der Vorstellung ihrer Leitung. Nach den Weissagungen der Bibel, so wie sie sie interpretierten, wanderte das Volk Gottes gemeinsam aus. Außerdem warnte das Schicksal einer amerikanischen Auswanderungsgruppe, die 1866 in Jaffa eine Siedlung aus Holzhäusern im Kolonialstil errichtet hatte und scheiterte, weil sie aus zu wenig Landwirten und zu viel Fabrikarbeitern und Handwerkern bestand.
Dagegen rief Henry Dunant, der Schöpfer des Roten Kreuzes, zur Bildung einer internationalen Gesellschaft für die Erneuerung des Nahen Ostens auf. Ihm schwebte eine wirtschaftliche Entwicklung des Heiligen Landes durch Einwanderer aus Europa unter dem Schutze ihrer Regierungen vor. Schon lange sollte das heutige Israel aus dem Osmanischen Reich herausgelöst werden und ein christlicher Staat werden. Christoph Hoffmann nahm Kontakt mit Dunant auf, weil er hoffte, dass er über entsprechende Beziehungen bei der Hohen Pforte in Istanbul verfüge und sie durch seine Fürsprache leichter ihre Siedlungen errichten könnten. Dunant war aber um diese Zeit bereits finanziell so mitgenommen und sein politischer Einfluss so geschwunden, dass er für diese Freunde nichts mehr tun konnte.