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Die Leibeigenschaft in Russland

 

Prügelstrafe
Prügelstrafe

die Leibeigenschaft (russ. krepostnoe pravo) ist in Russland mindestens seit dem 11. Jahrhundert bekannt. Ein Erlass setzte die Körperstrafe für einen Leibeigenen fest, der einen Freien geschlagen hatte.

 

Im Großfürstentum Moskau (1340–1547) war der gesamte Grundbesitz in 'weißes' und 'schwarzes' Land geteilt.

Unter weißem Land verstand man die fürstlichen Domänen, die Bojaren1güter, und den Grund-besitz der Geistlichen. Das weiße Land war teilweise, manchmal auch ganz, von allen Steuern befreit, je nach den Privilegien der betreffenden Besitzer.

Schwarzes Land nannte man das, auf dem die Bauern ansässig waren. Der Bauer war persönlich frei; auf ihm lasteten aber hauptsächlich alle Steuern und Abgaben. Aber nicht alle Bauern saßen auf schwarzem Land. Ein großer Teil der Bauernschaft war als Pächter auf dem gutsherrlichen weißen Land ansässig; aber auch das schwarze Land war nie volles Privateigentum der Bauern. Der oberste Grundherr der schwarzen Ländereien war der Fürst oder später der Zar. Er war der Eigentümer des Bauernlandes im staatsrechtlichen, nicht aber im privatrechtlichen Sinne des Wortes. Privatrechtlich war der Fürst, oder ab 1547 der Zar, nur Eigentümer seiner Domänen. Der Besitztitel des bäuerlichen Grundeigentümers findet seinen Ausdruck in der offiziellen Formel:

„des Zaren und des Grossfürsten schwarzes steuerpflichtiges Dorf und mein und meines Vaters Besitze."

aus: Dr. J. Conrad, Dr. L. Elster, Dr. W. Lexis, Dr. Edg. Loening, Handwörterbuch der Staatswissenschften, Zeiter Band, Gustav Fischer Verlag, Jena, 1899, S. 400;

Da die Haupteinnahmequelle des Fiskus das schwarze steuerpflichtige Bauernland war, so war er auch interessiert, dass dieses Land im Besitz des Bauern blieb.

Nikolai Alexandrowitsch Sergejew: Heuernte
Nikolai Alexandrowitsch Sergejew: Heuernte
Fjodor Alexandrowitsch Wassiljew: Dorfstraße
Fjodor Alexandrowitsch Wassiljew: Dorfstraße

Die Agrarpolitik des 14. Jahrhunderts suchte noch den Ankauf des Bauernlandes seitens der pivilegierten Stände zu verhindern. Aber schon im 15. Jahrhundert schlug diese Agrarpolitik ins Gegenteil um. Der Staat bedurfte der Leistungen der Lehnsmänner und so wurde das Bauernland vom Zaren als Dienstgut verliehen. Im 16. Jahrhundert war das schwarze Bauernland in den zentralen Provinzen des Staates schon nirgends mehr zu finden. Das Bauernland war an die Bojaren und Lehnsmänner verschenkt und verliehen worden, und es blieb hauptsächlich nur in den Gegenden des äußersten Nordens, in den Gouvernements Archangelsk, Olonez und Wologda erhalten.

Der gutsherrliche Grundbesitz zerfiel in vier große Kategorien: Klosterland Fürstenland, Dienstgut und Stammgut. Diese vier Kategorien wurden verschieden besteuert. Die Bauern auf dem Fürstenland zahlten z. B. weniger Steuern als die auf dem Bojarenland und die Bauern auf den Dienst- und Erbgütern waren wiederum leichter besteuert als die auf den Gütern der Geistlichkeit.

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1 Bojar = Die etymologische Bedeutung des Begriffs ist bis jetzt ungeklärt. Möglich ist die Herkunft aus dem Alttürkischen bai+är, was soviel wie "vornehmer Mann" bedeutet.
Im Kiewer Reich, im 8.–9. Jahrhundert, hatten sich die Bojaren ursprünglich aus den Leibwachen der Fürsten entwickelt, die zu seiner družina (Gefolgschaft) gehörte. Aus ihr entwickelte sich die Bojarenduma, eine Art Rat der Adligen, der anlässlich von Festmählern am Fürstenhof zusammentrat.
Seit dem 12. Jahrhundert erlangten sie erheblichen politischen und wirtschaftlichen Einfluss und waren die oberste, einflussreichste Adelsschicht mit erblichem Grundbesitz. Sie hatten grundsätzlich das Recht, die Gefolgschaft des Fürsten zu verlassen. Andererseits war der Titel Bojar nicht erblich, er wurde durch den Herrscher (Grossfürst, Zar) verliehen, blieb aber de facto auf bestimmte Familien mit Großgrundbesitz beschränkt.
Vom 15. Jahrhundert an begannen die Herrscher, die Rechte der Bojaren zu beschneiden, auch wurde das Verlassen der Gefolgschaft als Verrat angeprangert. Zusehends wurden sie auf den Status von Dienstadel (pomeš"iki) herabgedrückt. Bojar wurde ein vom Großfürsten bzw. Zaren verliehener Titel der Mitglieder des Bojarenrates. Da sie der zentralistischen Politik der Moskauer Großfürsten entgegentraten, versuchten diese den Einfluss der Bojaren zurückzudrängen. Zar Iwan IV. ließ im 16. Jahrhundert viele Bojaren töten oder deportieren, nachdem sich diese, um ihre Privilegien fürchtend, gegen ihn verschworen hatten.
Unter Peter dem Großen (1682-1725) waren Erbadel und Dienstadel bereits gleichbedeutend und schaffte den Bojarenstand Anfang des 18. Jahrhunderts endgültig ab. In dem sich herausbildenden hierarchischen Beziehungssystem des Hochadels (mestni"estvo), das allen Adligen einen bestimmten Platz in ihrer Stellung zum Herrscher zuwies, behielten die Bojaren allerdings stets den obersten Rang.

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