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Die deutsche Vorstadt im 17. Jahrhundert

(Teil 3 von 7)

Fachwerkhaus

Mit der Gründung der eigenen Siedlung für die Westeuropäer - Protestanten (mit Ausnahme der katho-lischen1 Polen, für die eine besondere Panskaja Vorstadt gegründet worden war) - isolierte die russische Re-gierung die Wohnungen der „Andersgläubigen" von den Höfen der Moskauer und trennte ihre Kirchen von den orthodoxen Kirchen.

Mit der Umsiedlung der Ausländer im Jahr 1652 gelang es der Staatsmacht, die ausländischen Fachkräfte, an deren Kenntnissen sie sehr interessiert waren, zu behalten. Ein Holländer, der die Deutsche Vorstadt von 1675-1676 besucht hatte, hebt deren Besonderheiten hervor:

„An diesem Ort leben nur Deutsche, wie Holänder und auch Livländer. Die Vorstadt wird von vielen prächtigen Straßen durchkreuzt ..... Es gibt hier vier Kirchen, drei lutherische und eine reformierte2...."

Dönninghaus V.: Die Deutschen in der Moskauer Gesellschaft: Symbiose und Konflikte (1494-1941), Oldenbourg, München, 2002, S. 49;

 

europäische Kleidung im 17. Jahrhundert
europäische Kleidung
im 17. Jahrhundert

Der Gegensatz zwischen West-europa und dem orientalischen Russland, der Unterschied zwischen dem Verhalten der Regierung und demjenigen des Volkes den Ausländern und vor allem den Ärzten gegenüber aber blieb.

Dieser Gegensatz zwischen den Russen und den Ausländern beruhte aber nicht allein auf dem Unterschied der Konfessionen und der Nationalitäten, sondern in vielen Fällen sahen sich die Russen durch die Ausländer in ihren Interessen, insbesondere auf wirtschaftlichem Gebiet, bedroht.

Moskau im 17. Jahrhundert
Moskau im 17. Jahrhundert

 

Russiche Kleidung
Russische Kleidung

Nur ein kleiner Teil der nach Russland eingewanderten Westeuropäer war speziell von der Regierung berufen worden. Die meisten kamen aus eigenem Antrieb. Techniker, Ärzte, Militärs, deren die Regierung bedurfte und denen die Regierung ihren Schutz angedeihen ließ, hatten in ihrer offi-ziellen Stellung, bei der Überlegenheit ihrer Kenntnisse und Erfahrung keine so gefährdete Stellung, als diejenigen der westeuropäischen Elemente, die ihrem Beruf entsprechend ihren eigenen Interessen dienten, leichter als Eindringlinge gelten konnten und auch wohl durch Gewinnsucht und ge-schäftliche Schlauheit den Unwillen der Russen erregten, was hauptsächlich Kaufleute waren.

Die Russen selbst waren bei ihrer Unkenntnis der Verhältnisse anderer Länder, bei ihrem Mangel an Kapital und Kredit, an Sprachkenntnissen und sonstiger Erfahrung in umfassenden kommerziellen Geschäften völlig außer Stande, sich mit dem eigentlichen auswärtigen Handel zu befassen.

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Anmerkungen

1Die Abneigung und der Hass der Russen gegen die Katholiken ging auf die Zeit der Wirren und der polnischen Intervention zurück.
Unter dem Einfluss der griechisch-orthodoxen Kirche betrachteten die Russen allmählich alles, was aus Westeuropa kam, als ketzerisch und lehnten es daher kategorisch ab. Sogar die schlichte Nachahmung des westlichen Lebensstils, in Kleidung oder in der Einrichtung der Häuser wurde als Loslösung vom wahren Glauben angesehen. Jeder Kontakt mit dem spirituellen Leben des Westens war daher strengstens verboten. Die enge Beziehung zu Byzanz hatte das russische Volk nach und nach mit antieuropäischen Vorurteilen "geimpft". Die lange Abneigung gegen die "lateinische Welt" (römisch-katholisch) beseitigte vom russischen Entwicklungsprozess die literarischen und philosophischen Strömungen des Westens.
Mit dem griechisch-orthodoxen Ritus nahmen die Russen von Byzanz natürlich auch die Grundformen der Architektur, der Malerei und der Mosaikkunst an. Die westliche Gotik hatte in Russland keine Spuren hinterlassen. Da jede Abweichung von den Mustern Konstantinopels als Beleidigung der Orthodoxie ausgelegt werden und den Verdacht der Ketzerei und der Gotteslästerung wecken konnte, hielten sich die russischen Künstler im Allgemeinen an die Nachahmung der byzantinischen Meister, ohne es zu wagen diese starre Tradition zu brechen und ihre eigene schöpferische Kraft auszubreiten.  
Durch das Verwenden des Kirchenslawisch im Dienste Gottes mussten die Geistlichen kein Latein und Griechisch erlernen, was unmöglich machte, Russland an der geistigen Bildung Westeuropas zu beteiligen, das wiederum zu einem engstirnigen geistigen Horizont führte. In diesem Zusammenhang ist auch wichtig zu erwähnen, dass in der russischen Schrift nicht das lateinische Alphabet eingeführt wurde, sondern das kyrillische.

2 reformierte Kirche (oft auch: evangelisch-reformierte Kirche): auf die Reformation Ulrich Zwinglis und Johannes Calvins (Calvinismus) zurückgehende Kirchengemeinschaften, die hauptsächlich in der Schweiz, in Schottland, in einigen Teilen Deutschlands, in Frankreich, in Ungarn und den USA (Presbyterianer) verbreitet ist.