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Die Ansiedlungspolitik unter Alexander I.

(Teil 2 von 3)

Die Kolonien bei Mariupol1 am Asowschen Meer

Im Sommer 1823 wurden die ersten Mutterkolonien gegründet; im Sommer 1824 wurden weitere Mutterkolonien angelegt.

Landschaft bei Mariupol

Den Kolonien wurden an-fänglich Nummern gegeben, wie z.B. Grunau Nr. 1, Grunau Nr. 2 usw. Die Kolonien Nr. 1 bis 11 und 18 bis 22 waren evangelisch, die Kolonien 12 bis 17 katholisch.

Erst später erhielten die Kolonien eigenständige Na-men.

Die Wahl des Namens des Dorfes war den betreffenden Bewohnern überlassen. Das Kontor hatte sich jedoch das Bestätigungsrecht vorbehalten. Bei dieser Wahl zeigte sich so recht die Liebe zur alten Heimat, denn nach den Heimatdörfern wurden die meisten Kolonien benannt. Mitunter war auch eine hervorragende Persönlichkeit, ein besonders verdienter Kolonisator oder die örtliche Lage ausschlaggebend.

Die evangelischen Kolonien 1 bis 11 erhielten die Namen Kirschwald2, Tiegenhof3, Rosengart4, Schönbaum5, Kronsdorf6, Grunau7, Rosenberg8, Wickerau9, Reichenberg10, Kampenau11 und Mirau12.

Landschaft bei Mariupol

Die katholischen Kolonien 12 bis 17 erhielten die Namen Kaisersdorf13, Gött-land14, Neuhof15, Eich-wald16, Tiegenort17 und Tiergart18.

Mit Ausnahme von Kirschwald, Kronsdorf und Kaisersdorf bekamen die Kolonien Namen, die den Einwanderern aus West-preußen geläufig waren.

deutsche Mutterkolonien im Mariupoler Gebiet
deutsche Mutterkolonien im Mariupoler Gebiet

Von 1823 bis 1842 wurden in der Nähe der Hafenstadt Mariupol 18 lutherische und 6 katholische Mutterkolonien gegründet, die unter dem Begriff der Grunauer oder "Planer Kolonien“ bekannt wurden. Der Begriff "Planer Kolonien“ entstand daher, weil die Anlage der Siedlungen nach einem von der Regierung entworfenen Plan vor sich ging.

bei Elisabethdorf
bei Elisabethdorf

 

Später kamen zu den 17 Planerkolonien noch mehr als 100 Familien aus Württemberg, Baden, Hessen und vom Niederrhein. Sie gründeten 1825 die Kolonie Elisabethdorf19, 1828 Lud-wigstal20, 1842 Darmstadt21 und Marienfeld22.

 

die Reste der evangelischen Kirche in Marienfelddie Reste der evangelischen Kirche in Marienfeld
die Reste der evangelischen Kirche in Marienfeld

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Anmerkungen

1 Mariupol = die Stadt, am Ufer des Asowschen Meeres an der Mündung des Kalmius gelegen, wurde 1789 von Krimgriechen gegründet.
In den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts haben sich einzelne Italiener (Membelli, Gallano) und österreichische Slawen (Widowitsh, Tripkowitsch) wegen der ganz besonders vom Generalgouverneur Woronzow gebotenen Handelsvorteile in den Hafenstädten Mariupol und Berdjansk als Kaufleute oder Schiffer niedergelassen.

2 Die evangelische Mutterkolonie Kirschwald (auch: Kolonie Nr. 1, Wischnewataja; heute: Vyshnyuvate im Oblast Saporischschja) wurde 1823 von 26 Familien aus dem Gebiet Elbing im Regierungsbezirk Danzig in Westpreußen gegründet. Ihren Namen erhielt die Kolonie wahrscheinlich nach dem Leiter der Ansiedlung Franz Kirschner.

3 Die evangelische Mutterkolonie Tiegenhof (auch: Kolonie Nr. 2, Jassinowka, Jasinowka; heute Azov im Oblast Saporischschja) wurde 1824 von 27 Familien aus Tiegenhof bei Marienburg im Regierungsbezirk Danzig in Westpreußen (Bezirk Tiegenhof) gegründet.

4 Die evangelische Mutterkolonie Rosengart (auch: Kolonie Nr. 3, Nowo Slobotka, Rajgorod, Rajhorod; heute nördlicher Teil von Lystvyanka im Oblast Saporischschja) wurde 1823 von 29 Familien aus dem Kreis Marienburg im Regierungsbezirk Danzig in Westpreußen (Augustwalde, Elbing, Hackendorf, Marienburg, Robach) gegründet.

5 Die evangelische Mutterkolonie Schönbaum (auch: Kolonie Nr. 4, Listowka, Listwjanka; heute: Lystvyanka im Oblast Saporischschja) wurde 1823 von 27 Familien aus dem Bezirk Danzig im Regierungsbezirk Danzig gegründet.

6 Die evangelische Mutterkolonie Kronsdorf (auch: Kolonie Nr. 5, Kasjannoselsk, Kasjanoselsk, Kazionnoselsk; heute nördlicher Teil von Rozivka im Oblast Saporischschja) wurde 1824 von 28 Familien aus Westpreußen, aus der Gegend um Marienburg und Elbing im Regierungsbezirk Danzig, gegründet. Ihren Namen erhielt die Kolonie wahrscheinlich aus dem Grund, weil sie auf Kronsland gegründet wurde.

7 Die evangelische Mutterkolonie Grunau (auch: Kolonie Nr. 6, Alexandronewsk; heute im nordöstlichen Teil von Rozivka im Oblast Saporischschja) wurde 1824 von 29 Familien aus dem Kreis Elbing im Regierungsbezirk Danzig in Westpreußen gegründet.

8 Die evangelische Mutterkolonie Rosenberg (auch: Kolonie Nr. 7, Rosowka, Rozowka; heute Rozivka im Oblast Saporischschja) wurde 1824 von 26 Familien aus den Kreisen Elbing und Marienburg im Regierungsbezirk Danzig in Westpreußen gegründet.

9 Die evangelische Mutterkolonie Wickerau (auch: Kolonie Nr. 8, Wikkerau, Kusnezowka, Kuznecewkn; heute: Kuznetsivka im Oblast Saporischschja) wurde 1824 von 26 Familien aus Elbing im Regierungsbezirk Danzig in Westpreußen gegründet.

10 Die evangelische Mutterkolonie Reichenberg (auch: Kolonie Nr. 9, Bogaiowka, Bogatowka, Bogdanowka; heute: Bahativka im Oblast Saporischschja) wurde 1824 von 28 Familien aus den westpreußischen Kreisen Elbing und Marienburg im Regierungsbezirk Danzig gegründet.

11 Die evangelische Mutterkolonie Kampenau (auch: Kolonie Nr. 10, Kamenskoje, Kamenskeje, Kamenskoje, Kamenske; heute südlicher Teil von Mar'yanivka im Oblast Saporischschja) wurde 1823 von 29 Familien den westpreußischen Kreisen Elbing und Marienburg gegründet.

12 Die evangelische Mutterkolonie Mirau (auch: Kolonie Nr. 11, Mierau, Mirskoje; (heute Myrs'ke im Oblast Saporischschja) wurde 1823 von 24 Familien kamen aus dem westpreußischen Marienburg im Regierungsbezirk Danzig gegründet.

13 Die katholische Mutterkolonie Kaisersdorf (auch: Kolonie Nr. 12, Königsberg, Königsdorf, Carskoje, Zarskoje; heute:  Probudzhennya im Oblast Saporischschja) wurde 1823 von 26 Familien aus dem westpreußischen Marienburg im Regierungsbezirk Danzig gegründet.
Die Kolonie wurde von den Bewohnern anfänglich, nach ihrer alten Heimat, "Königsdorf" benannt, wurde dann aber von der russischen Regierung in Kaisersdorf umgetauft, da in Russland ja ein Kaiser herrsche.

14 Die katholische Mutterkolonie Göttland (auch: Kolonie Nr. 13, Goettland, Goethland, Marjanowka, Marienopolje; heute: Marianivka im Oblast Saporischschja) wurde 1823 von 28 Familien kamen aus dem westpreußischen Danzig und Marienburg im Regierungsbezirk Danzig gegründet.

15 Die katholische Mutterkolonie Neuhof (auch: Kolonie Nr. 14, Nowodworowka; (heute: Novodvorivka im Oblast Saporischschja) wurde 1823 von 28 Familien aus dem westpreußischen Marienburg im Regierungsbezirk Danzig gegründet.

16 Die katholische Mutterkolonie Eichwald (auch: Kolonie Nr. 15, Swajotroickoje; (heute: Uryts'ke im Oblast Saporischschja) wurde 1823 von 28 Familien aus dem westpreußischen Marienburg im Regierungsbezirk Danzig gegründet.

17 Die katholische Mutterkolonie Tiegenort (auch: Kolonie Nr. 16, Antonowka; (heute: Antonivka im Oblast Saporischschja) wurde 1823 von 26 Familien aus dem westpreußischen Marienburg im Regierungsbezirk Danzig gegründet.

18 Die katholische Mutterkolonie Tiergart (auch: Kolonie Nr. 17, Adamowka, Tiergarten) wurde 1823 von 20 Familien aus dem westpreußischen Marienburg im Regierungsbezirk Danzig gegründet. Die Kolonie existiert heute nicht mehr. Sie befand sich nordöstlich von Antonivka im Oblast Saporischschja.

19 Die evangelische Mutterkolonie Elisabethdorf (auch: Kolonie Nr. 18; heute wahrscheinlich Krasna Polyana im Oblast Saporischschja) wurde von 35 Familien gegründet, die zwischen 1825 und 1829 in die Kolonie kamen. 1825 kamen 12 Familien aus dem Mittelrheinkreis Baden. Aus diesem Gebiet kamen im Jahr 1827 weitere 5 Familien. Bereits 1826 trafen 11 Familien aus Darmstadt-Rheinhessen in der Kolonie ein. 1828 folgten Ihnen 2 Familien aus dem Elsass und 3 aus Baden. 1829 trafen die letzten 2 Familien aus Baden ein. Die Kolonie Elisabethdorf erhielt ihren Namen zu Ehren der russischen Kaiserin Elisabeth Alexejewna, die aus Baden stammte und die Tochter des Erbprinzen Karl Ludwig von Baden war.

20 Die evangelische Mutterkolonie Ludwigstal (auch: Nr. 19, Karl-Liebknecht, Romanowka; Karla Libknechta im Oblast Saporischschja) wurde 1828 von 34 Familien aus Baden (2), dem Elsass (3), Hessen (14) und aus Württemberg (15) gegründet. Das Dorf erhielt seinen Namen yu Ehren des ersten Dorfschulzen Ludwig.

21 Die evangelische Mutterkolonie Darmstadt (auch: Nr. 25, Nowgorod; heute: Novhorod im Oblast Saporischschja) wurde 1842 gegründet. Die ersten 26 Gründerfamilien kamen aus Hessen-Darmstadt, ihnen folgten 1843 weitere 5 Familien aus dem Bezirk Koblenz. Die Kolonie erhielt ihren Namen in Erinnerung an die Hauptstadt ihrer alten Heimat.

22 Die evangelische Mutterkolonie Marienfeld (auch: Nr. 26, Marienpole; heute: Marynopil' im Oblast Saporischschja) wurde 1842 von 23 Familien aus Hessen gegründet. Die Kolonie erhielt ihren Namen in Ehren der Gemahlin des damaligen russischen Thronfolgers Alexander II., Marie von Hessen-Darmstadt, die Tochter des Großherzogs Ludwig II. von Hessen und bei Rhein.