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Die Auswanderung der württembergischen Chiliasten

(Teil 4 von 4)

Die Ansiedlung im Nordkaukasus

Nordkaukasien
Nordkaukasien

Die Kolonisierung des Nordkaukasus gestaltete sich anders. Hier versuchte die russische Regierung Ende der 30er und Anfang der 40er Jahre des 19. Jahrhunderts, die bereits im Wolgagebiet ansässigen deutschen Kolonisten anzusiedeln. Offensichtlich glaubte man, dass vor allem deutsche Kolonisten mit Erfahrungen am geeignetsten seien.

Erst später kamen russische Bauern hinzu. Ab 1860 folgten weitere deutsche Kolonisten aus dem Sclwarzmeergebiet und zwar ab l863/64 zuerst die mennonitischen Templer aus dem Molotoschnaer Gebiet und ab 1868 auch die bessarabiendeutschen Templer aus Gnadental und Lichtental in Bessarabien.

mehr zu der Weiterwanderung der bessarabiendeutschen Templer die bessarabiendeutschen Templer

 

Die Schwarzmeerdeutschen bildeten den größten Teil an Neugründungen (90-95%) im Nordkaukasus.

Waren es im Südkaukasus nur Schwaben, so waren es hier ihrer Herkunft nach Deutsche aus ganz verschiedenen Landstrichen Deutschlands, darunter auch neue Kolonisten direkt aus deutschen Ländern. Einwanderer aus Mittelfranken (Bayern) zogen nach Gnadenburg (bei Mosdok) und nach Gnadenberg und Lindau (bei Suchurn-Kale). Die Gründe für die Wanderungen der Kolonisten innerhalb Russlands lagen u. a. daran, dass durch den Kinderreichtum der Kolonisten im Wolgagebiet und im Schwarzmeergebiet Landmangel herrschte. Im Kaukasusgebiet war Neuland für die Kolonisten im Überangebot.

Im Nordkaukasus lebten in der Zeit zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg noch 100.000 Deutsche, die sich auf etwa 200 Siedlungen verteilten.

Nach dem 1. Weltkrieg

Ab 1934 kam es zur Kollektivierung der deutschen Siedlungen. Unter dem Vorwand, Spionage für das Deutsche Reich zu betreiben, wurden 1935 etwa 600 Männer, Frauen und Kinder aus Helenendorf und Annenfeld nach Karelien deportiert.

Der 2. Weltkrieg

Deportation
Deportation

Der 2. Weltkrieg bedeutete schließlich das endgültige Ende der Deutschen im Russischen Reich.

Die Kaukasiendeutschen erlitten ein änliches Schicksal wie die Wolga-deutschen und die Krimdeutschen. Aus Furcht vor einer Kollaboration mit dem Feind ließ Stalin zwischen dem 15. Oktober und dem 12. November 1941 rund 45.000 Deutsche aus dem Nordkaukasus auf ewige Zeiten vertreiben. Die deutsche Bevölkerung wurde über Baku, das Kaspische Meer, Krasnowodsk, Taschkent, Alma-Ata, Semipalatinsk und Barnaul nach Pawlograd in Mittelasien deportiert.

 

Die rund 11.0000 verbliebenen Deutschen aus dem Nordkaukasus, der Kalmückensteppe und der östlichen Ukraine, die von der Deportation nach Sibirien verschont geblieben waren wurden im Februar 1943 als Administrativumsiedler1 in den Warthegau2 umgesiedelt.

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Anmerkungen

1 Man unterscheidet zwischen Administrativumsiedler und Vertragsumsiedler. Administrativumsiedler waren ca. 228.000 Volksdeutsche, die nach einer Anordnung der Militär- und Zivilverwaltung des Dritten Reiches in den besetzten Gebieten der UdSSR (Reichskommisariat Ukraine, rumänische Transnistrien) ohne einen zwischenstaatlichen Vertrag in den Jahren 1942-44 in den Warthegau oder ins Altreich umgesiedelt wurden. Fast alle von ihnen hatten bis Kriegsende die deutsche Staatsbürgerschaft verliehen bekommen.

2 Die von 1939 bis 1945 als Warthegau oder Wartheland bezeichnete Region war vor dem Angriff Deutschlands auf Polen im September 1939 polnisches Staatsgebiet. Historisch gesehen bestand der Warthegau aus zwei Teilen, aus der westlich gelegenen ehemaligen deutschen Provinz Posen (vor 1919) und den östlich gelegenen polnischen (vor 1916 russischen) Gebieten um Lodsch. Im westlichen Teil (Provinz Posen) stellten die Deutschen zum Zeitpunkt der preußischen Volkszählung von 1910 rund 45 % der Gesamtbevölkerung.
Nachdem diese Provinz im Zuge des Versailler Vertrages 1919 von Polen annektiert wurde, sank die Anzahl der Deutschen in diesem Gebiet rapide ab, so dass diese zu Beginn des Zweiten Weltkrieges weniger als 15 Prozent der Gesamtbevölkerung dieses Gebietes stellten. Der Grund für den Rückgang des deutschen Bevölkerungsanteils nach 1919 ist im Wesentlichen in der Politik der ethnischen Homogenisierung des nationalistischen polnischen Diktators Józef Piłsudski zu sehen. Dieser versuchte den Anteil der Deutschen massiv zu reduzieren, z.B. Massenausweisungen nach Deutschland, entschädigungslose Enteignungen von zumeist adligem deutschem Großgrundbesitz und Ansiedlung polnischer Kleinbauern, Schulpolitik (ausschließlich in polnischer Sprache) und einer Vielzahl von Diskriminierungen im öffentlichen Leben.
Von 1939 – 1941 wurden 280.606 ethnische Polen und Juden, die in Gebieten des Warthegaus oder Danzig-Westpreußens wohnten, ins Generalgouvernement Polen vertrieben, um Platz für die Deutschen zu schaffen. Nach 1940 konzentrierte sich die NS-Politik zunehmend auf die Ansiedlung deutscher Bevölkerung im Warthegau.
Hierzu wurden eine Vielzahl von Volksdeutschen (Baltendeutsche, Wolhyniendeutsche, Bessarabiendeutsche, Buchenlanddeutsche, Dobrudschadeutsche, Ukrainedeutsche) aus dem Gebiet der Sowjetunion angesiedelt und fanden dort oft in Höfen und Häusern vertriebener Polen Unterkunft.