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Romanowka im Nordkaukasus

(Teil 2 von 2)

"Freiheit für Russland" (Plakat der Kadetten)
"Freiheit für Russland" (Plakat der Kadetten)

Immer öfter kam es vor, dass Dörfer von kleineren oder größeren Banden herumirrender Arbeits-loser heimgesucht und immer stärker belästigt wurden.

Das Feuer, das zuerst im Geheimen glimmte, brach dann in weiten Kreisen des Volkes als lodernder Brand aus. Es bildeten sich überall zwei Parteien, die revolutionären „Roten" mit ihren alles Alte umstürzenden Ideen und die konservativen „Kadetten1", die eine wenn auch verbesserte Gestaltung der früheren Regierungsverhältnisse anstrebten. Die Absicht, beiden gegenüber eine neutrale Haltung einzunehmen, brachte die deutschen Kolonisten in eine sehr schwierige, fast unhaltbare Lage.

 

Freiheitskämpfer
Freiheitskämpfer

Es wurde dringend nötig, einen Selbstschutz zu bilden. Alle Jungen und Männer mittleren Alters mussten sich an der Nachtwache und sonstigem Dienst beteiligen. So manches Mal wurde Alarm gegeben und sie mussten mit ihren Pferden antreten, um gemeldete Banden zu verscheuchen. Dies geschah auch einige Male bei Nacht und die Männer freuten sich dann jedes Mal, wenn sie sich nach Beendigung eines solchen „Ausflugs“ gesund wieder nach Hause kamen.

Bolschewiken
Bolschewiken2

Diese lokalen Unterneh-mungen gingen eine Weile gut; einmal jedoch musste die zwölf Mann zählende Gruppe ausreiten, da wieder eine Bande gemeldet wurde. Ungefähr einen Kilometer vom Dorf entfernt mussten sie absitzen, um gegen die Bande vorzugehen. Es war allerdings nicht ganz sicher, ob man Roten oder einer Patrouille des benachbarten Russendorfes, das auch einen Selbstschutz gebildet hatte, gegenüberstand.

Es wurden also zwei ihrer Männer hinüber geschickt, um herauszufinden, mit wem sie es zu tun hatten. Man muss sagen, dass dies ein sehr gewagter Schritt war. Die Zurückgebliebenen beobachteten, wie die beiden mit den anderen ins Gespräch kamen und sich eine Weile unterhielten. Einer von ihnen kehrte bald zurück, der andere hatte bei den Roten einen Bekannten getroffen, einen früheren Tagelöhner, mit dem er sich zu unterhalten begann. Kurz darauf fing das “rote“ Maschinengewehr an zu rattern. Der Mann kehrte nicht wieder zurück. Laut Angabe einiger Einwohner wurde er am gleichen Tag im nahe gelegenen Dörfchen erschossen.

Der tragische Tod brachte viele Kolonisten auf den Gedanken, bei der “Partei der Kadetten“ Rettung zu suchen. Verschiedene andere Umstände halfen schließlich mit, dass die deutschen Kolonisten diesen Gedanken dann auch verwirklichten.

 

Schicksal

Damit war das Los der Deutschen für die kommende Zeit entschieden.

Die revolutionäre Partei der Roten nahm das Fallenlassen ihrer Neutralität zum Aus-gangspunkt eines syste-matischen Kampfes gegen sie, der von ihnen so grausam geführt wurde, dass der Vorschlag der Kolonie, alles zu verlassen und durch die Flucht ins Lager der Kadetten wenigstens ihr Leben zu retten, zur Ausführung kam.

 

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Anmerkungen

1 Die Partei der Kadetten, eigentlich Partei der Konstitutionellen Demokraten (KD) erhielt ihren Namen nach den russischen Anfangsbuchstaben ihres Parteinamens. Das russische "Kadety" wurde dann zum deutschen "Kadetten".
Die Partei, die sich auch ”Partei der Volksfreiheit” nannte, wurde während des Oktoberstreiks 1905 gegründet, bestand mehrheitlich aus dem linken Flügel der vorherigen Zemstvo-Bewegung und war Anfang des 20. Jahrhunderts eine in der russischen Duma aktive Gruppierung. Die Kadetten verlangten in ihrem Programm: - eine verfas Die Kadettenpartei war eine Anfang des 20. Jahrhunderts in der russischen Duma aktive Gruppierung und nannten sich auch ”Partei der Volksfreiheit”.
Politisch stand die Partei liberalen Gedanken nahe und forderte in ihrem Programm: eine verfassungsgebende Versammlung, allgemeines, gleiches, direktes und geheimes Wahlrecht, eine vom Parlament abhängige Regierung, Redefreiheit, Ausbau und Demokratisierung der Selbstverwaltung, Agrarreform auf Kosten der Gutsbesitzer (Zuteilung von Grund und Boden an landlose und landarme Bauern), 8-Stunden-Tag, Streikrecht und freie Gewerkschaften, Zugeständnisse an Nationalitäten.
Mit ihrem liberal-demokratischen Parteiprogramm, insbesondere dem Agrarprogramm, hatte die Kadettenpartei unter den Schwarzmeerdeutschen Sympathien. Das Programm sah Landzuteilungen aus einem staatlichen Bodenfonds vor, der aus Staats-, Apanage-, Kron- und Klosterländereien sowie teilweise enteignetem Großgrundbesitz gebildet werden sollte. Für notwendige Enteignungen war eine "gerechte Entschädigung" vorgesehen.
Nach der Machtübernahme der Bolschewiki gingen sie in den Untergrund, um sich mit antibolschewistischen Gruppierungen zusammenzutun. Viele Anhänger flohen ins Ausland oder wurden hingerichtet. 1921 spaltete sich die Partei, als P.M. Miljukov, der Kopf der Partei, sich für eine Angleichung an die Sozialisten Sozialdemokraten, einsetzte. Einst war dies die größte nicht-sozialistische Partei Russlands. Die Parteiführung sah sich bis 1907 als linksliberal, danach orientierte sie sich vermehrt eher nach rechts, um dann später noch weitere Wandel durchzumachen.
Am 28. November 1917 wurde die Kadettenpartei von den Bolschewiken zur „Partei der Feinde des Volkes“ erklärt, verboten und die Verhaftung ihrer Führer angeordnet.

2 Bolschewiki = ist eine ehemalige Bezeichnung für Parteimitglieder der KPdSU  (Kommunistische Partei der Sowjetunion). Der Begriff entstand 1903 auf dem zweiten Parteitag der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands ( SDAPR ) in London. Die Anhänger Lenins stellten auf diesem Parteitag die Mehrheit (russ. bolschinstwo ) weswegen sie Bolschewiki genannt wurden. Die Minderheit (russ. menschinstwo ) nannte man Menschewiki.
Die Bolschewiki waren wesentlich radikaler als die anderen Teile der Partei. Sie strebten den baldigen Sturz des Zaren und die damit verbundene Einführung des Kommunismus an. Die Menschewiki verfolgten zwar das selbe Ziel wollten aber erst ausreichende Reformen einleiten.
Beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs verurteilten die Bolschewiki eine Teilnahme Russlands als imperialistische Aggression. Sie gewannen stark an Zuwachs als die Truppen des Zaren an fast allen Fronten Rückschläge hinnehmen mussten.
In der  Oktoberrevolution  von  1917  wurden sie die stärkste Macht im Lande. Der aus dem Exil zurückgekehrte Wladimir Iljitsch Lenin übernahm die Führung der Kommunisten. Seine Macht basierte teilweise auf der Unterdrückung seiner Gegner.
Lew Trotzki, Volkskommissar für das Kriegswesen, formierte nach dem Friedensvertrag von Brest-Litowsk, den er als persönliche Niederlage betrachtete, die Rote Arbeiter- und Bauernarmee mit der er erfolgreich im russischen Bürgerkrieg (1917/18-1920) gegen die zaristisch-bürgerlichen Weißen, vorgehen konnte.
Bis 1922 schafften es die Bolschewiki fast den gesamten Osten des riesigen russischen Reiches zu kontrollieren. Damit verbunden war der so genannte Kriegskommunismus eine Wirtschaftspolitik die alle Unternehmen unter staatlicher Kontrolle stellte. Weitere repressive Maßnahmen führten zu extremen Versorgungsengpässen und damit auch zu Aufständen innerhalb der Bevölkerung.
Nach 1918 nannten sich die Bolschewiki "Kommunistische Partei und ab 1925 Kommunistische Partei der Sowjetunion mit dem Anhang (Bolschewiki). Im eigenen Land nahmen besonders zu Stalins Zeiten Repressalien gegen die sowjetische Bevölkerung zu. Die Geheimpolizei unterdrückte jede Opposition und bei Säuberungsaktionen wurden viele Kritiker und potenzielle Feinde verhaftet und getötet. Auf diese Art und Weise beherrschten die Kommunistische Partei lange Zeit das Land.