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Romanowka im Nordkaukasus

(Teil 1 von 2)

Es war kurz vor der Erntezeit (1914), während der alle energisch zupacken mussten, als alle Männer eingezogen wurden.

Die großen militärischen Niederlagen an den Fronten des 1. Weltkrieges, die fürchterlichen Verluste an Menschenleben und mangel-hafter Versorgung verur-sachten eine schlechte Stimmung unter den rus-sischen Truppen.

Während es im übrigen Russischen Reich brodelte (Februarrevolution, Oktober-revolution), bot Romanowka im Vergleich zu den übrigen deutschen Siedlungen Südrusslands ein relativ friedliches Bild.

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Die Wirtschaften waren mit vereinten Kräften der noch vorhandenen Männer, Frauen und Kinder verhältnismäßig gut durch den Krieg gekommen und ohne große Einschränkungen konnten die Wirtschaften wieder voll und ganz in Gang gebracht werden.

Deutsche als russische Soldaten
Deutsche als russische Soldaten

Als die Soldaten allmählich von den Frontzügen nach Hause zurückkehrten (März 1918), nahm das Leben wieder seinen normalen Gang auf. Es wurde auch wieder neue Hoffnung für eine weitere Entwicklung und für ein ungestörtes Gemeindeleben geschöpft. Leider mussten diese Hoffnungen aber bald wieder aufgegeben werden, denn die alles Glück auf Erden verheißenden Ideen des Kommunismus dran-gen schnell bis in den Süden des Reiches und begannen die Gemüter der Besitzlosen auch im Kaukasus zu trüben und zu verwirren.

bei der Hausarbeit
bei der Hausarbeit

Die seit vielen Jahren treuen Knechte und Mägde, die relativ gut bezahlt wurden und gern in den deutschen Kolonien arbeiteten, hatten wenig Verständnis für die „Freiheitsideen", denn ihnen ging es in den deutschen Kolonien gut. Sie hatten ihr gutes Auskommen, konnten ihre Familien oft bei sich im Hof haben und in vielen Fällen konnten sie sich auf den Anliegerstellen der Kolonie ihre eigenen Häuschen bauen. Dies traf allerdings in der Hauptsache bei lange dienenden Großknechten zu. Doch auch sie wurden langsam durch sogenannte Kommissare, dunkle Gestalten, meistenteils entlaufene Sträflinge, gezwungen, an der „großen Revolution des Volkes" teilzunehmen.

 

Arbeiterrat
Arbeiterrat

Überall, somit auch im Wolost Olgino, wurden sogenannte Arbeiter- und Soldatenräte (Sowjets) ge-bildet, die nunmehr die Verwaltung und Gestaltung aller Dinge übernahmen und gegen deren Verfügungen keinerlei Veto möglich war. Sie verkündeten eine glor-reiche Zeit, die nun bevorstehe und dem armen Volk glückliche Zustände schaffen werde und sahen sich schon als zukünftige Herren der deutschen Häuser und Höfe.

Kolchos
Kolchos1

Die Enteignung allen privaten Eigentums, die nunmehr im ganzen Reich Gesetz wurde, konnte in Romanowka nur durch das gute Einvernehmen mit den Knechten insoweit verhindert werden, als eine Überein-kunft erreicht wurde, wonach die Enteignung allen Besitzes durch „freiwillige Teilungen" des toten und lebenden Inventars an die Besitzlosen in kurzen Zeitabständen ersetzt wurde. Zu diesen Besitzlosen gehörten die in der Erntezeit jeweils eingestellten Tagelöhner, einige sonst angereiste Fremde und herumirrende Strolche.

 

Freiheitskämpfer
Freiheitskämpfer

Die Verhandlungen mit den Vertretern der „Arbeiter" waren sehr langwierig und schwierig und es kam vor, dass die Verhandlungen unter-brochen werden mussten, um eine neu gemeldete Bande Strolche oder „Freiheitskämpfer" mit dem Gewehr zu verjagen.

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Anmerkungen

1 Kolchos = Kollektivwirtschaft; Kollektivwirtschaft; genossenschaftlich organisierter landwirtschaftlicher Großbetrieb in der UdSSR. Nach 1917 auf der Grundlage der Freiwilligkeit entstanden, seit 1929 durch (Zwangs-)Kollektivierung bäuerlicher Einzelwirtschaften, in deren Folge Millionen von Bauern deportiert wurden und umkamen (Entkulakisierung).
Der staatseigene Boden wurde den Kolchosen zur Nutzung gegen Pflichtablieferungen zu staatlich fixierten Preisen überlassen, Überschüsse zu freien Preisen auf den sogenannten Kolchosemärkten verkauft.
Die Rolle der Kolchosen waren strategischer Art und sollten dem Staat feste Agrarlieferungen garantieren. Dadurch kam es zu immer größeren Beschneidungen des ''kollektiven'' Ernteertrages. In jedem Herbst führte die Steuereinzugskampagne zu einem regelrechten Machtkampf zwischen dem Staat und der Bauernschaft, die verzweifelt versuchte, einen Teil der Ernte für sich zu behalten. Es ging um Entscheidendes: für den Staat um die Einnahmen, für die Bauern ums Überleben.