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Die deutschen Siedlungen im Schwarzmeergebiet in der Zwischenkriegszeit

(Teil 2 von 2)

Joseph Stalin
Joseph Stalin

Ab 1924 gelang es Joseph Stalin, seine Konkurrenten (insbesondere Leo Trotzki) nach und nach auszuschalten und herrschte ab 1927 als uneingeschränkter Allein-herrscher.

Kernpunkt seiner Innenpolitik war die Zwangskollektivierung1 der Landwirtschaft und der Kampf gegen die bäuerliche Oberschicht, die er ab 1928 unnachgiebig vorantrieb. In der Oberschicht war hauptsächlich das russlanddeutsche Bauerntum vertreten und wurde von der eingeschlagenen Politik besonders hart getroffen.

Im Agrargesetz vom 15. Dezember 1928 wurde der 'Kulak'2 als gefährlicher Gegenrevolutionär dargestellt, dem damals zwar nicht gleich der Garaus gemacht werden sollte, da er wirtschaftlich einstweilen noch unentbehrlich ist, wird er daher noch geduldet.

Viktor Deni: die letzte Stunde, 1920
Viktor Deni: die letzte Stunde, 1920

Wenn vor der Oktoberrevolution die landwirtschaftliche Produktion in der Ukraine zu großem Teil in den Händen deutscher Kolonisten und deutscher Gutsbesitzer lag, so sind heute ja nur 6 oder 7 % des Bodens in seiner Hand. Ein weiterer Aufstieg sollte aber verhindert werden. Damit sollte die Entwicklung der mittel- und kleinbäuerlichen Wirtschaft und die Kollektivierung der Landwirtschaft forangetrieben werden.

 ... Oberster Grundsatz bleibt die Nationalisierung des Bodens. Zur Eigentümerin ist jetzt unmittelbar die UdSSR erklärt. Zuwiderhandlungen werden noch schärfer bedroht als bisher.
Hauptziele des neuen Gesetzes sind ... Förderung der Sozialisierung der Landwirtschaft und im engen Zusammenhang damit die Schwächung der individualwirtschaftlichen Oberschicht des Dorfes, des Kulaks. Zugleich wird eine Hebung der Produktivität der bäuerlichen Hauptmasse, der Klein- und Mittelbauern, angestrebt.

aus: Auszug aus dem Bericht ,,Die Änderung der grundlegenden Agrargesetzgebung Rußlands durch das Bundesgesetz vom 15. Dezember 1928 in: „Berichte über Landwirtschaft", 1929, Seite 193—220;
Kulaken raus!
Kulaken raus! (Plakat aus dem Jahr 1931)
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Anmerkungen

1 Die Zwangskollektivierung wurde unter Stalin nach der strategischen und gewaltsamen "Liquidierung der Kulakenklasse", zwischen 1929 und 1937, durchgeführt. Dafür wurden die sogenannten "Kulaken" ersatzlos enteignet und in unbewohnte Gebiete deportiert oder umgebracht. Mit der forcierten Kollektivierung beendete Stalin die Neue Ökonomische Politik (NEP) und leitete die Zeit der überzentralisierten und bürokratisierten Planwirtschaft ein.
Die Kollektivierung der bäuerlichen Einzelwirtschaften (Bildung von Kolchosen) enstand nach der Oktoberrevolution von 1917 und war bis zum Frühjahr 1928 auf freiwilliger Basis. Es waren hauptsächlich ärmere Bauern und Landlose, die den Kolchosen beitraten. Da die Kollektivierung auf freiwilliger Basis ins Stocken geriet, kam es unter Stalin ab 1929 zur Zwangskollektivierung. Ende 1929 befand sich fast die Gesamtheit des landwirtschaftlich genutzten Bodens der Sowjetunion noch in Privatbesitz. (Okt. 1929: 7,6% der bäuerlichen Haushalte kollektiviert).

2 Kulak = Bezeichnung für den russischen Mittel- und Großbauern aber auch eine abfällige Bezeichnung der wohlhabenden Bauern auf dem Lande. Kulak, was wörtlich übersetzt “Faust“ bedeutet (jemand, der seinen Besitz fest in den Fäusten hält), wird im Sinne von “Wucherer“ oder “Dorfkapitalist“ gebraucht. Jemanden, der kleine Bauern und seinen in Not geratenen Nachbarn um Hab und Gut gebracht hatte.
Nach der Oktoberrevolution von 1917  und im Verlauf der Kollektivierungsmaßnahmen (1929/30) unter Stalin wurde der Begriff Kulak zum Schimpfwort und auf alle angeblichen 'Ausbeuter' in der Landwirtschaft ausgedehnt und als feindliche 'Klasse' liquidiert. Auch Witwen und alte Bauern fielen unter diese Kategorie, weil sie einen Knecht oder eine Magd beschäftigten.
1919 war ein Kulak der, der zwei Häuser mit Blechdach, mehr als fünf Kühe oder Pferde oder mehr als 20 Schafe besaß. Auf dem Höhepunkt der Kollektivierung (1932) bedeutete bereits geringfügiges landwirtschaftliches Eigentum, wie zum Beispiel eine Kuh oder die Beschäftigung von Tagelöhnern oder Mägden und Knechten als Kulakentum und führte zu Zwangsmaßnahmen: Schon seit 1927 mussten sie höhere Steurn bezahlen und bekamen keine Kredite oder Geräte mehr. Viele verkleinerten ihre Anbaufläche und ihren Viehbestand, um kein 'Kulak' mehr zu sein, was dazu führte, dass bald Getreide für den Export und zur Versorgung der Städte fehlte.
Im Herbst 1929 wurde es den Kulaken verboten, in die entstehenden Kollektive einzutreten, weil man dort ihre Meinungsführerschaft fürchtete, was dann zu Enteignung und schließlich zu Deportation in menschenleere Gebiete oder in den Gulag führte. Oft wurden auch die Familienangehörigen der 'Kulaken' und sogar angebliche Kulakensöldlinge verfolgt.
Auf der Grundlage der Beschlüsse des Zentralexekutivkomitees und des Rates der Volkskommissare vom 30. Januar und 1. Februar 1930 und einer Instruktion vom 4. Februar wurden alle Kulaken in drei Kategorien eingeteilt: die Bauern der 1. Kategorie galten als 'konterrevolutionäre Elemente', die entweder gleich erschossen, oder in ein Arbeitslager der GPU (Staatssicherheitsdienst) gebracht wurden. Ihr Besitz wurde beschlagnahmt und ihre Angehörigen fielen unter die Deportierten.
Die Kulaken der 2. Kategorie waren zwar weniger gefährlich, galten aber als 'fürchterliche Ausbeuter'. Sie wurden enteignet, verhaftet und mit ihren Familien in entlegene Gebiete deportiert.
Die Kulaken der 3. Kategorie galten als 'staatstreu, wurden enteignet und in unfruchtbare, unkultivierte Zonen ihrer Distrikte umgesiedelt.