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Die Rückwanderung der Volksdeutschen1
fremder Staatsangehörigkeit2

(Teil 2 von 2)

Der Fürsorgeverein für deutsche Rückwanderer

Ein Strom von Rückwanderern kam schon während der russischen Wirren1, die in die Revolution von 1905 und 1907 gipfeln und während der Zeit des landwirtschaftlichen Notstandes an der Wolga2 über die Grenze, um in Deutschland friedliche Arbeit oder überhaupt Arbeit zu finden.

 

Wolhynien (gelb) innerhalb der heutigen Ukraine
Wolhynien (gelb) innerhalb der heutigen Ukraine

In den letzten sechs Jahren vor dem 1. Weltkrieg brachte der Fürsorgeverein für deutsche Rückwanderer insgesamt rund 26.000 Russlanddeutsche nach Deutschland, die mit rund zwei Dritteln vorwiegend aus Wolhynien3 kamen4.

 

Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges (Kriegserklärung Deutschlands an Russland am 1. August 1914), wurden die Russlanddeutschen zu Staatsfeinden erklärt und die Rückwanderung ging nun aus kriegsbedingten Gründen unbehindert weiter.

Es waren hauptsächlich Personen mit reichsdeutscher oder österreichisch-ungarischer Staatsangehörigkeit, die das Russische Reich verließen oder verlassen mussten.5

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Anmerkungen

1 Die Niederlage Russlands im Krimkrieg (1853-1856) beendete Russlands Stellung als stärkste Militärmacht Europas, die es nach dem Ende der napoleonischen Kriege in Europa gespielt hatte. Der Skandal einer Besiegung auf eigenem Boden heizte in Russland den religiösen und politischen Nationalismus an, aber auch die Suche nach den Ursachen der beschämenden Entwicklung.

2 In den beiden Siedlungsgebieten existierten unterschiedliche Agrarverfassungen - in den Wolgakolonien das Mir-System und in den Schwarzmeerkolonien das Minorat. Sie beeinflussten die wirtschaftliche Entwicklung in den Kolonien nachhaltig. Während es in den Wolgakolonien zu einer zunehmenden Verarmung kam, war in den Schwarzmeerkolonien eine soziale Differenzierung unter den Kolonisten feststellbar. Die Zahl der Landlosen nahm bereits wenige Jahrzehnte nach der Gründung der Kolonien ständig zu.

3 Wolhynien, historische Landschaft im Nordwesten der Ukraine, zwischen dem Westlichen Bug (im Westen) und dem Tal des Dnjepr (im Osten), dem Prypjat in Polesien (im Norden) und Podolien im Süden, war im 9./10. Jahrhundert ein Teil des Kiewer Reiches, im 11./12. Jahrhundert ein unabhängiges Herzogtum und wurde 1188 mit Galizien vereinigt. Im 14. Jahrhundert kam Wolhynien an Litauen, 1569 durch die Lubliner Union an Polen, ab 1793 beziehungsweise 1795 kam Wolhynien zu Russland. Im 19. Jahrhundert wurden in Wolhynien Deutsche und Tschechen angesiedelt.
1915 wurden rund 200.000 Wolhyniendeutsche nach Sibirien und Zentralasien deportiert. Etwa 100.000 Überlebende kehrten nach dem Krieg in ihre Heimat zurück.
Der Westteil Wolhyniens kam 1921 an Polen. Während der deutschen Besetzung 1941-44 wurde die jüdische Bevölkerung Wolhyniens ausgerottet und die Wolhyniendeutschen zum Teil nach Deutschland, zum Teil in das Gebiet um Posen zwangsumgesiedelt. 1943-44 kam es zwischen Ukrainern und Polen zu bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen, wobei es auf beiden Seiten zu tausenden von Opfern kam. 1947 wurden ca. 200.000 Wolhynientschechen in die Tschechoslowakei umgesiedelt.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges fiel das gesamte Wolhynien an die Sowjetunion. Seit 1992 gehört Wolhynien zum größten Teil zur Ukraine.

4 Preußisches Ministerium des Innern in Berlin an Auswärtiges Amt in Berlin, 22.7.1913, Barch B, R 901 (AA), Nr. 30004

5 Nikolaus Arndt: Die Deutschen in Wolhynien – Ein kulturhistorischer Überblick, Adam Kraft Verlag, Würzburg, 1994, S. 69