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Auswanderungsverbote in deutschen Ländern
im 18. Jahrhundert1

Die Auswanderungsedikte der Kurpfalz

Friedrich III.
Friedrich III.
Kurfürst von 1559 bis 1576

Während die Kurpfalz (Kurzform für Kurfürstentum Pfalz) im 16. Jahrundert unter Friedrich III., dem Frommen, die Heimat vieler Glaubensflüchtlinge (französische Calvinisten, Hugenotten genannt, ''Andersgläugigen2'' aus den unter spanischer Herrschaft stehenden Niederlanden) wurde, rief Karl I. Ludwig nach dem Dreißigjährigen Krieg seine geflüchteten Untertanen zur Rückkehr in ihr entvölkertes Heimatland auf und versuchte durch eine tolerante Bevölkerungspolitik sein Land zu „repeuplieren“, was sich aufgrund wirtschaftlicher Probleme und anhaltender kriegerischer Verwicklungen recht schleppend vollzog. Handel und Gewerbe waren durch zahlreiche Binnenzölle stark beeinträchtigt, und Missernten und Überschwemmungen führten oft zu prekären ökonomischen Verhältnissen.
In den darauffolgenden Jahrzehnten folgten viele Neusiedler aus Nachbargebieten sowie den spanischen Niederlanden, der Schweiz, Tirol und Frankreich seiner Einladung.

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Die Pfalz um 1647
Die Kurpfalz um 1647

Augrund der unsicheren Lage verliesen zunächst die Neusiedler die Kurpfalz. Bereits 1660 ließen sich französische Hugenotten, die zuvor in Mannheim Zuflucht gefunden hatten, am Hudson River in der englischen Kolonie New York nieder. Gemeinsam mit späteren Zuwanderern gründeten sie 1677 eine Siedlung, die sie zu Ehren ihrer ersten Zufluchtsregion New Paltz nannten. Einige Jahre später wanderten die ersten pfälzischen Mennoniten auf Einladung des Quäkers William Penn in dessen Kolonie Pennsylvania aus, worauf noch einzugehen sein wird.

 

Geistliche priesen „die Welt jenseits des Meeres als das gelobte Land“ und sprachen von einer „Auswanderung nach Amerika als Auszug des Volkes Gottes aus dem Diensthause“.

Der Hugenotte Jean Hasbrouck aus Calais wanderte 1660 nach einem kurzen Aufenthalt in der Kurpfalz, nach Amerika aus. Sein Bruder Abraham, der einige Jahrzehnte in Bergzabern (Kurpfalz) gelebt hatte, folgte ihm 1675, wo er sich mit mehreren hugenottischen Familien in der englischen Kolonie New York (das ehemalige Neu-Amsterdam) im Tal des Hudson niederließ.
1677 erwarben die Pfälzer französischer Herkunft von den Indianern ein großes Gebiet im Tal des Hudson unweit von Esopus, wo sie zur Erinnerung an ihre Durchgangsheimat, die Kurpfalz, ihre Siedlung „New Paltz" gründeten.

Die Kurpalz, die im Pfälzischen und Spanischen Erbfolgekrieg (1702) von den Franzosen? besetzt und von Zerstörungen heimgesucht wurde, gab es erhebliche Bevölkerungsverschiebungen. Dazu kam klimatische Gründe. Es wurde berichtet, dass der Winter 1709/10 so kalt gewesen sei, dass die Vögel in der Luft erfroren und tot vom Himmel gefallen seien. Wichtiger als der Tod der Vögel war für die Bevölkerung der durch den strengen Frost zu befürchtende Ernteausfall und die durch Holzmangel kaum auszuhaltende Kälte. Der Weinanbau war in der Pfalz für Jahre hinaus zu Grunde gerichtet.
Dazu kam die Reisebeschreibung von Franz Daniel Pastorius aus dem Jahr 1683 in die britische „InselPennsylvania, deren „Lage viel Ähnlichkeit mit dem untern Theil Italiens" hätte. Man hielt damals noch allgemein Amerika für verschiedene Inseln, hinter denen das gesuchte Indien liegen sollte.

 

Lockruf der Neuen Welt: deutschsprachige Werbeschriften für die Auswanderung ... von Heiko Diekmann

 

Unter Kocherthals Namen war 1706 eine Flugschrift über Süd Carolina veröffentlicht worden (Ausführlich- und umständlicher Bericht von der berühmten Landschaft Carolina in dem Engelländischen America gelegen), die das Land als Paradies auf Erden schilderte. Dieser Bericht fand große Beachtung.

und Josua Harsch, alias Josua Kocherthal (Pfarrer dreier lutherischer Gemeinden im Kraichgau), und Carolina, 1709 zu einer Massenauswanderung.

 

Zur ersten Massenauswanderung kam es 1709.

 

wegen Überbevölkerung und Missernten

Miswachs, Übervölkerung und im Hintergrund das politische Elend Deutschlands“ hatten die unerträglichen Zustände herbeigeführt, denen die Ärmsten zu entrinnen suchten.

Dazu kamen die

 

1683 wurde die erste deutsche Siedlung, Germantown genannt, heute ein Stadtteil von Philadelphia in den Vereinigten Staaten, gegründet. Es waren Quäker- und Mennonitenfamilien[1] aus dem Krefelder Raum, liegt nicht in der Pfalz

 

Pfarrer von Rugendorf, Johannes Dietz

Peter Dietz aus Biedenkopf hatte 1676 zu Giessen studiert

Pfarrer Friedrich Dietz, Heidenrod

Pastor F. Dietz

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Auswanderungsverbot der pfälzischen Regierung vom 29. April 1766 unterschied sich von anderen Auswanderungsverboten, da es die Auswanderer vor den Gefahren und den Schwierigkeiten, denen sie in der Fremde begegnen würden, “warnte”.

 

 

Auswanderer
Auswanderer

Die Pfalz hatte durch Auswanderungen schon seit 1709 einen erheblichen Bevöl-kerungsverlust zu verkraften. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts verließen zwischen 12.000 und 15.000 Menschen das Land in Richtung Nordamerika.

Angesichts dieses spürbaren Verlustes hatte die pfälzische Regierung bereits im April 1709 ein erstes Verbot der Auswanderung nach Amerika erlassen.

 

am 27. Februar 1764 ein Auswan-derungsverbot erlassen, das sich ausdrücklich gegen russische Werber richtete. So sollten alle Werber, die das pfälzische Herrschaftsgebiet betreten, verhaftet und verhört werden.

kurpfälzischer Befehl vom 28. April 1766 „vieler … Unterthanen in verschiedene entfernte Landen, besonders aber die Russische Colonien, wird …. anbefohlen, … auf das Thun und Lassen deren, der Emigration verdächtigen …. Unterthanen, gute Acht tragen, und …. die etwa gleichwohlen aber sich formachende alsogleich zu verfolgen … und arrestirlich hinsetzen“.

 

Um über Landesgrenzen hinweg zur Vereinheitlichung der Gesetzgebung zu kommen, vor allem aber um die den Werbern häufig als Stützpunkte dienenden Reichsstädte zur Kooperation zu veranlassen, erließ Kaiser Joseph II. am 7. Juli 1768 ein Auswanderungsedikt für das gesamte Reich. Fürsten und Städte wurden aufgefordert, „niemanden, wer der auch seyn möge, ohne die den ReichsSatzungen gemäße Wege und Mittel, in andere mit dem Reiche in keiner Verbindung stehende Länder, außer des h. Röm. Reichs Gränzen, den Auszug [zu] verstatten“1, illegale Abwanderung zu verhindern und Werbung sowie den Transport Angeworbener zu unterbinden. Als einzige unter den Territorien des Reichs wurden Lübeck, Bremen und Hamburg, namentlich angesprochen, denn wer ohne den Segen der Obrigkeit das Land verließ, konnte oft nur in den Seehäfen und an der Rheingrenze bei Emmerich entdeckt und zurückgeschickt werden.

Im Königreich Württemberg galt ab 1. Juni 1807 ein striktes Auswanderungsverbot, das erst durch die Landständische2 Verfassung vom 15. März 1815 wiederhergestellt werden sollte.

Nur in Württemberg galt ab 1. Juni 1807 ein striktes Auswanderungsverbot, das erst durch die Landständische1 Verfassung vom 15. März 1815 wiederhergestellt werden sollte.

1Landstand: die nach Ständen (Geistlichkeit, Ritterschaft, Städte, selten auch die Bauern) gegliederte Vertretung des Landes gegenüber dem Landesherrn.

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Anmerkungen

1 Quellen = Julius Goebel: Briefe deutscher Auswanderer aus dem Jahre 1709.

2 Der überwiegende Teil der Exulanten bekannte sich zum Calvinismus, doch waren gelegentlich auch Lutheraner und Täufer, ja sogar Katholiken unter ihnen. Denn die Flucht war eben nicht nur eine Flucht vor Glaubensverfolgung (aller Andersgläubigen im Süden, der Katholiken im Norden), sondern auch vor den wirtschaftlichen und sozialen Folgen der damaligen spanischen Unterdrückungspolitik.

 

 

 

4 Vordere Reichskreise = Die Vorderen Reichskreise wurden die Reichskreise genannt, die im Westen des Heiligen Römischen Reichs lagen. Sie waren wegen ihrer Lage entlang der Reichsgrenze gegen Frankreich stets gefährdet und hatten vor allem in der Zeit der Expansionsbestrebungen des „Sonnenkönigs“, Ludwigs XIV., ein besonderes Sicherheitsbedürfnis. Daher bildeten sie mehrmals – in unterschiedlichen Zusammensetzungen – lose Kreisassoziationen zur gemeinsamen Verteidigung.

 

6 Bürgerrecht = 1) so viel wie Staatsbürgerrecht; 2) so viel wie Ortsbürgerrecht in einer Stadt. (Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 475.)

7 Die Vorderen Reichskreise wurden die Reichskreise genannt, die im Westen des Heiligen Römischen Reichs lagen. Sie waren wegen ihrer Lage entlang der Reichsgrenze zu Frankreich stets gefährdet und hatten vor allem in der Zeit der Expansionsbestrebungen des „Sonnenkönigs“, Ludwigs XIV., ein besonderes Sicherheitsbedürfnis. Daher bildeten sie zur gemeinsamen Verteidigung mehrmals – in unterschiedlichen Zusammensetzungen – lose Kreisassoziationen.

 

 

1Reichsstand = reichsunmittelbares Reichsglied mit Sitz und Stimme im Reichstag, dh. Kurfürsten, Reichsfürsten, Grafen und Herren sowie Prälaten und Reichstädte; im 16. Jahrhundert wird die Zugehörigkeit zu einem Reichsstand von einem persönlichen zu einem persönlich-dinglichen Recht und ist an die Herrschaft über ein Territorium geknüpft.

2 Reichskreis = einer von ursprünglich (1500) sechs, ab 1512 zehn Bezirken, in denen im Zuge der Reichsreform das Reich organisiert wurde.

 

 

 

 

2 Artikel 56 der Landständischen Verfassung von 1815 = Jeder Unterthan hat, wenn er von der Militairpflichtigkeit befreyt ist, oder derselbe Genüge geleistet hat, das Recht, mit seiner Familie auszuwandern. Nur muß er dieses Vorhaben nicht nur seiner vorgesetzten Obrigkeit anzeigen, sondern auch in den öffentlichen Blättern bekannt machen, und auf das Unterthanen- und Bürgerrecht für sich und seine mit ihm auswandernden Kinder Verzicht leisten.
Vor dem Ablaufe eines Jahrs nach dieser Bekanntmachung darf er das Königreich nicht verlassen, um innerhalb dieses Zeitraums seine Angelegenheiten in Richtigkeit zu bringen, und in streitigen Fällen rechtlichen Austrag vor den Behörden den Königreichs zu geben und zu nehmen.
Frauens-Personen, welche sich auswärts verheirathen, müssen während des bestimmten Jahrs hierin von ihren Eltern oder Pflegern vertreten werden.
An Abzugs-Gebühren hat der Auszuwandernde eben so viel zu bezahlen, als die in das Königreich hereinziehenden Angehörigen eines fremden Staats, in welchem jener sich niederläßt, zu entrichten haben.