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Das russische Zarenreich im 17. Jahrhundert unter Michail I.

(Teil 3 von 3)

Erzengel Michael Kathedrale
Erzengel Michael Kathedrale

Michail I. starb 1645 im Alter von 49 Jahren und wurde in der Erzengel-Michael-Kathedrale im Kreml in Moskau beerdigt.

Er hinterließ ein Land dessen Bürger vom Aberglauben gefangengehalten wurden. Es gab keine eigentlichen Schulen, es gab daher auch fast gar keine „Gebildeten". Da und dort fand man einige, die sich so nannten. Aber worin bestand eigentlich ihre Bildung? In der Kenntnis einiger Psalmen und Gebete, in etwas Lesen und Schönschrift.

Der Satz, "lernen ist schädlich; wer lernt, verfällt in Ketzerei", galt durchwegs, und die Erfahrung schien ihn immer bestätigt zu haben.

die verschiedenen Foltermethoden zur Zeit der Christenverfolgung
die verschiedenen Foltermethoden zur Zeit der Christenverfolgung

 

Zur Ketzerei verurteilt wurden Leute, die seltsamerweise einen Bildungstrieb verrieten, die sich "höhere Kenntnisse“ angeeignet hatten, die dadurch über die seltsamen Zustände des Landes nachdachten, die sich fragten, ob hier alles so sein müsste, wie es war.

Zuweilen waren es auch Leute, denen absonderliche Schicksale es gestattet hatten, über die Grenzwälle des Zarentums einen Blick zu werfen; Leute, die fremde Sitten und fremdes Leben und fremde Freiheit kennen gelernt und nun anfingen, Vergleiche zwischen hüben und drüben zu ziehen.

Selbst im Zarenhaus gab es solch ein Freidenker, solch ein Ketzer! Das war der Bojar1 Nikita Iwanowitsch, der Onkel des Zaren Michail.

Er wagte es in polnischer Kleidung auf die Jagd zu reiten. Der Patriarch verbrannte eigenhändig die heidnische Kleidung und zwang Nikita sich durch Weihwasser wieder heiligen zu lassen.

Verwunderlich ist nur, dass Nikita mit so leichter Strafe davonkam. Diese Milde mag aber auch der Grund gewesen sein, weshalb der Ketzer sich zu noch schlimmeren Schandtaten hinreißen ließ: er hielt in seinem Haus - es ist entsetzlich! — ein musikalisches Orchester — mit ausländischen Musikanten! . . .

Bernhard Stern: Die Romanows: Intime Episoden aus dem russischen Hofleben,
Adamant Media Corporation, 2006;
Alexei I.
Alexei I.

 

 

Nachfolger Michails I. wurde sein Sohn Alexei Michailowitsch, dem er in seiner Sterbensnacht noch die Herrschaft übergab.

Nach langer Zeit folgte nun wieder ein Sohn dem Vater auf den Zarenthron.

 

 

 

 

 

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Anmerkungen

1Bojar = waren Adlige unterhalb des Ranges eines Fürsten bzw. des Zaren. In der Kiewer Rus hatte sich der Bojarenstand im 8.–9. Jahrhundert ursprünglich aus den Leibwachen der Fürsten entwickelt. Seit dem 12. Jahrhundert erlangten sie erheblichen politischen und wirtschaftlichen Einfluss. Seit dem 15. Jahrhundert war Bojar ein vom Großfürsten bzw. Zaren verliehener Titel der Mitglieder des Bojarenrates (Ratgeber der Großfürsten und Zaren). Da sie der zentralistischen Politik der Moskauer Großfürsten entgegentraten, versuchten diese seit dem 15. Jahrhundert, den Einfluss der Bojaren zurückzudrängen. Zar Iwan IV. ließ im 16. Jahrhundert viele Bojaren töten oder deportieren, nachdem sich diese, um ihre Privilegien fürchtend, gegen ihn verschworen hatten. Peter I. schaffte den Bojarenstand Anfang des 18. Jahrhunderts endgültig ab und ersetzte ihn durch den Dienstadel (dworjanstwo). Der letzte Bojar starb 1750.