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Die Deutsche Ostsiedlung

(Teil 8 von 9)

18. Jahrhundert

Joseph II.
Joseph II.

Während der Ansiedlung unter Joseph II. (Josephinische Kolonisation), die von 1784-1787 stattfand, wurden 10.000 Familien in Ungarn an der mittleren Donau angesiedelt.

Die Herkunftsorte der Siedler lagen vorwiegend im südwestdeutschen Raum. Die meisten stammten aus ärmeren Bauernfamilien, die ohne eigenen Grundbesitz und ohne Kapital in ihrer Heimat wenig Chancen hatten. Das Habsburgerhaus gewährte den einreisenden Siedlern Privilegien, wie finanzielle Unter-stützung und langfristige Steuererleichterungen.

Als Gegenleistung wurden die Siedler dazu verpflichtet, im Falle eines osmanischen Angriffskrieges zur Waffe zu greifen.

Mitteleuropa vor dem 1. Weltkrieg

 

Kaiser Joseph II. schreckte nicht davor zurück, selbst hinter dem Pflug zu stehen
Kaiser Joseph II. führt den Pflug (1769);
während seine Kutsche am Weg
repariert werden musste,
half der Kaiser dem Bauer
und dessen Knecht beim Pflügen.

Joseph II. verfolgte mit seiner Bevölkerungspolitik das Ziel den ungenutzten oder extensiv genutzten Boden für eine höhere Produktion zu erschließen und das war nur durch Vermehrung der produktiven Landbevölkerung möglich.

Auf keinen Fall verfolgte der Kaiser eine Germani-sierungspolitik, im Gegenteil gab er strenge Anweisungen den Kolonisten ausschließ-lich ungenutzten Boden zuzuteilen und darauf zu achten, der ansässigen Bevölkerung nicht die Grundlage ihrer Existenz zu nehmen. Die Bevölkerungsverdichtung Ungarns war das größte Anliegen Josephs II.

Der aufgeklärte Mensch bedarf keiner Autorität, keiner Tradition, keines Gottes, sondern nutzt selbständig und unabhängig seinen Verstand.
Der aufgeklärte Mensch bedarf keiner Autorität,
keiner Tradition, keines Gottes, sondern
nutzt selbständig und unabhängig seinen Verstand.

Das 17. bis 18. Jahrhundert, Zeitalter der Aufklärung genannt, war eine Epoche der geistigen Entwicklung der west-lichen Gesellschaft, die besonders durch das Bestreben geprägt war, das Denken mit den Mitteln der Vernunft von althergebrachten, starren und überholten Vorstel-lungen, Vorurteilen und Ideologien zu befreien und Akzeptanz für neu erlangtes Wissen zu schaffen. Der Fürst wurde nicht mehr als von Gott eingesetzter Herrscher und über jedem Gesetz stehender Souverän verstanden, sondern als oberster Repräsentant einer vernünftigen Staatsordnung.

Joseph war ein Vertreter des aufgeklärten Absolutismus1 und versuchte sein Ziel eines zentralistisch regierten Reichs zu erreichen.

Bekanntgabe der Reformen
Bekanntgabe der Reformen

Joseph gründete deutsche Ansiedlungen in Galizien2, in der Bukowina, in Ungarn und Siebenbürgen3, schaffte die Leib-eigenschaft der Bauern 1781 ab und betrieb eine merkantilistische4 Wirtschaftspolitik.

Er veranlasste auch den Bau von Schulen und Krankenhäusern, die Milderung der Zensur und die Abschaffung der Folter.

Durch die Einführung einer allgemeinen Grundsteuer auch für den Adel und seine besonders einschneidenden kirchenpolitischen Reformen erregte er den Widerstand von Adel und Klerus.

Seine Reformen waren ihrer Zeit so weit voraus, dass sie meist auf völliges Unverständnis bei den Zeitgenossen stießen. Aufstände in Ungarn und den österreichischen Niederlanden zwangen ihn am Ende seines Lebens, die meisten seiner Reformen zu widerrufen.

Toleranzpatent
Toleranzpatent

Am berühmtesten war allerdings seine Religions-politik.

In seinem Toleranzpatent von 1781, das ab 1783 auch in Ungarn wirksam wurde, wurde das Glaubensmonopol der Katholischen Kirche gebrochen: Protestanten und Juden durften, unter Duldung, ihren Glauben ausüben. Das führte dazu, dass vermehrt Protestanten unter den Ansiedlern anzutreffen waren.

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1 In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entwickelte sich durch die enge Verknüpfung von absoluter Fürstenherrschaft mit den Ideen der Aufklärung eine Sonderform des Absolutismus, die man als aufgeklärten Absolutismus bezeichnet hat. Der Einfluss der Aufklärung kam in der Veränderung der Legitimation der Herrschaft zum Ausdruck. Während der klassische Absolutismus als Herrschaft 'von Gottes Gnaden' verstanden wurde, rechtfertigten die Vertreter des aufgeklärten Absolutismus ihre Stellung mit ihrem Eintreten für das Untertanenwohl. Friedrich II. von Preußen bezeichnete sich als den 'ersten Diener' seines Staates. Die zweckrationale Begründung der Herrschaft führte zur Anerkennung eines durch gegenseitige Pflichten bestimmten Vertragsverhältnisses zwischen Monarch und Untertanen.
Aufgeklärte Herrschaft zeigte sich auch im Bemühen um Reformen im Staat. So führten die Reformen des Vaters Friedrichs des Großen, Friedrich Wilhelm I. von Preußen, oder die Maria Theresias, der Mutter Josephs II., in den Bereichen Verwaltung, Militärwesen oder Finanzen zu einer zweckmäßigeren Organisation. Die entscheidenden Reformen des aufgeklärten Absolutismus betrafen aber den juristischen Bereich, etwa die Abschaffung der Folter und die Einschränkung der Todesstrafe.
Die zunehmende Gewährung religiöser Toleranz war ein weiteres Merkmal aufgeklärter Herrschaft. Neben den ökonomischen Vorteilen, die solche Reformen brachten, entsprachen sie meist auch der persönlichen Überzeugung der Herrscher. In Verbindung mit der naturrechtlichen Selbstbindung der Fürsten an ihre Amtspflichten stand die Ausbildung einer Bürokratie, die dann im 19. Jahrhundert zu einem gewichtigen Faktor bei der Modernisierung der Staaten werden konnte.

 2 Galizien = das nördliche Karpatenvorland zwischen der oberen Weichsel und der Bukowina.
Der Name Galizien knüpft an das Fürstentum Halitsch (Galitsch) an, das sich im 11. Jahrhundert vom Kiewer Reich löste. 1349 kam das Gebiet nördlich der Karpaten und östlich des Flusses San an Polen. Bei der 1. Polnischen Teilung 1772 fiel es zusammen mit dem kleinpolnischen Gebiet südlich von Weichsel und Wisłoka als Königreich Galizien und Lodomerien an Österreich; dieses gesamte Gebiet hieß seit 1795 Ostgalizien. Die in der 3. Polnischen Teilung 1795 von Österreich erworbenen Gebiete bis zum Bug und zur Pilica, Westgalizien genannt, kamen an das Herzogtum Warschau, 1815 an Kongresspolen. - Das historisch überwiegend von Ukrainern bewohnte östliche Galizien wurde 1919 wieder Polen einverleibt, nachdem dort kurze Zeit eine Westukrainische Volksrepublik existiert hatte. Seit 1939 ist dieses neuerdings gleichfalls Ostgalizien genannte Gebiet ein Teil der Ukraine. Als Westgalizien bezeichnet man heute das polnische Nordkarpatenvorland.

  3 Siebenbürgen = Landschaft, im Innern des Karpatenbogens, die heute zu Rumänien gehört. Vom 3. Jahrhundert v. Chr. an Teil des Königreichs der Daker, 106-271 n. Chr. Teil der römischen Provinz Dakien, seit dem 7. Jahrhundert des Bulgarischen Reiches, seit dem 9./10. Jahrhundert bis 13. Jahrhundert von Ungarn.
Zum Grenzschutz wurden im 10. Jahrhundert Szekler, ab etwa 1150 deutsche Bauern und Handwerker (Siebenbürger Sachsen) angesiedelt; 1211-25 breitete sich im Burzenland (historische Grenzlandschaft im Südosten Siebenbürgens) der Deutsche Orden aus. Eine rumänische Bevölkerung ist erst seit etwa 1210 sicher bezeugt. 1437 kam es zur »Union der drei Nationen« (Ungarn, Szekler, Sachsen) zur Abwehr der seit 1432 vordringenden Türken.
Die Bedrohung durch die Türken führte nach 1493 bis etwa 1530 zum Um- und Ausbau der Kirchen zu Kirchenburgen. Nach der Schlacht bei Mohács (1526) kam Siebenbürgen unter osmanische Oberhoheit; 1688 bzw. 1691 fiel Siebenbürgen vorläufig, 1699 (Frieden von Karlowitz) bei Wahrung seiner Autonomie endgültig an die Habsburger (Österreich); 1848/49 kurz, nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich 1867, wieder mit Ungarn vereinigt. Die Magyarisierungspolitik stieß auf den entschiedenen Widerstand der dort lebenden Rumänen und Sachsen. Durch den Frieden von Trianon (1920) kam Siebenbürgen an Rumänien, durch den 2. Wiener Schiedsspruch (1940) Nordsiebenbürgen und das Szeklerland (Ostsiebenbürgen) an Ungarn, durch den Pariser Frieden (1947) ganz Siebenbürgen wieder an Rumänien.

 4 Merkantilismus ist ein nachträglich verliehener Begriff für verschiedene wirtschaftspolitische Ideen und Politiken, die sowohl geldpolitische als auch handels- und zahlungsbilanztheoretische, aber auch finanzwirtschaftliche Ansätze hatten.
Zwischen der Reformation und bis Mitte des 18. Jahrhunderts war der Merkantilismus der Inbegriff wirtschaftspolitischer Maßnahmen. Mit dem Bedürfnis der absolutistisch regierten Staaten nach wachsenden, sicheren Einnahmen zur Bezahlung der stehenden Heere, des wachsenden Beamtenapparats und nach repräsentativen Bauten und Mäzenatentum der Fürsten entwickelte sich in den verschiedenen europäischen Staaten eine geprägte wirtschaftspolitische Praxis, der eine geschlossene wirtschaftstheoretische und -politische Konzeption fehlte. Man kam zu der Überzeugung, die Mehrung von Wohlstand und Reichtum kann nur durch der Menschenhände Arbeit gewonnen werden.