Johann Jakob Friederich

(Teil 4 von 5)

Auswanderer
Auswanderer

die Realität sah dann ganz anders aus. Friederichs Buch bildete den Hauptanstoß dafür, dass unmittelbar im Anschluss an sein Erscheinen bereits im Jahr 1801 eine Gruppe nach Palästina auszuwandern versuchte.

Jerusalem um 1837
Jerusalem um 1837

Den Verheißungen dieser Schrift war auch die radikal-pietistische Visionä-rin Maria Gottliebin Kummer (1756-1824), auch Kummerin genannt, erlegen und diese hatten sie wesentlich in ihrem Beschluss zum Aufbruch nach Jerusalem bestärkt. Im Frühjahr 1801 machten sich 22 Personen, Anhänger der Prophetin von Cleebronn im Zabergäu auf den Weg nach Jerusalem, wurden aber bereits in Wien wieder nach Württemberg zurückgeschickt.

Im Zusammenhang der durch seine Schrift ausgelösten Auswanderung der Kummerin wurde gegen Friedrich eine Untersuchung eingeleitet, da die Auswanderungs-willigen seinen Glaubens- und Hoffnungsblick mit sich geführt hatten.

Kirschenhardthof 1686
Kirschenhardthof 1686

 

Der Aufruf von Pfarrer Friederich, ins „Heilige Land" auszuwandern, konnte dann erst nach über 60 Jahre von den Templern vom Kirschen-hardthof verwirklicht werden.

 

Alexander I.
Alexander I.

Als die Einwanderung in das von den Osmanen besetzte Palästina anfangs des 19. Jahrhunderts trotz der optimistischen Sicht Pfarrer Friederichs doch nicht möglich wurde, entschloss man sich unter den Chiliasten dazu, dem wiederkommenden Christus wenigstens ein Stück weit entgegen ziehen. Über Russland und Zentralasien wollte man dann nach Israel.

Begünstigt wurde der Zug nach Osten durch die großzügige Haltung des russischen Zaren Alexander I., der in einem Manifest 1804 zur Ansiedlung im Schwarzmeergebiet unter günstigen Bedingungen eingeladen hatte.

Juliane von Krüdener predigte auf Grund einer Vision das baldige Erscheinen des Herrn auf dem Ararat im Kaukasus und rief die badischen und württembergischen Pietisten auf, in den Kaukasus zu eilen und dort die Ankunft des Herrn zu erwarten und so zu Mitbegründern des Reiches Gottes auf Erden zu werden.

Die Frau von Krüdener setzte mit ihren Aufrufen zwischen 1816 und 1818 im Schwäbischen und Badischen sowie im Schaffhausenschen eine mächtige Auswanderungsbewegung in Gang, die durch permanenten Landmangel und durch eine Hungersnot 1817 zusätzlich Schubkraft erhielt.

Die auswanderungswilligen Schwärmer (Chiliasten) wurden in Gruppen, sog. ‚Harmonien‘, auf primitiven Kähnen, den ‚Ulmer Schachteln‘1, von Ulm aus donauabwärts zum Schwarzen Meer befördert, übrigens meist auf Kosten der Baronin. Einige Gruppen zogen auch auf dem Landweg über Galizien zum Schwarzen Meer.

Ulmer Schachtel
Ulmer Schachtel

Ziel war der Kaukasus in der Nähe des Berges Ararat, dem Bergungsort der Arche Noah.

Diese rund 7.000 Chiliasten sollten eigentlich in den schon zuvor gegründeten deutschen Dörfern in den Schwarzmeergouvernements Cherson und Bessarabien angesiedelt werden.

Die Mehrzahl der Auswanderer war von den Strapazen der Reisen so erschöpft, zum Teil so krank, dass sie sich den Plänen der russischen Verwaltung, die ja gar nicht ihren ursprünglichen Zielen entsprachen, fügten. Die Sterblichkeitsrate war erheblich, 10 bis 15 Prozent.

2629 Unentwegte jedoch leisteten den russischen Behörden solchen Widerstand, dass man sie schließlich in den Kaukasus an den „Bergungsort“ weiterziehen ließ, wo sie sieben Dörfer im Umfeld von Tiflis2 gründeten.

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deutsche Siedlungen in Transkaukasien
deutsche Siedlungen in Transkaukasien

 

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1 Die Ulmer Schachtel, ursprünglich lediglich ein Spottname für die äußerst einfache Konstruktion der Wiener Zille, einem flachbodigen Einweg-Bootstyp, das seit dem Mittelalter auf der Donau der Warenbeförderung diente. Während die Boote anfangs maximal 22 m lang und 3 m breit waren, vergrößerten sich ihre Maße mit der Zeit. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erreichten sie Größen von bis zu 30 Meter Länge und 7,5 Meter Breite. Die Bordwand dieser Boote hatte eine Höhe von etwa 1,5 Metern.
Auf der Mitte des Schiffes befand sich eine größere Holzhütte. Bei Warentransporten lagerte hier das Handelsgut; bei Auswanderungen war dies der Wetterschutz der Passagiere.
Anfang des 19. Jahrhunderts diente der Bootstyp der Ulmer Schachtel deutschen Auswanderern als Verkehrsmittel, um in die Länder des südöstlichen Europas zu gelangen. Sie schifften sich in Deutschland ein und fuhren die Donau abwärts in Richtung der Mündung ins Schwarze Meer. Die Ulmer Schachtel dient auch heute noch im deutschen und österreichischen Donauraum als Arbeits-, Fischer- und Freizeitboot.

2 Neu-Tiflis, Elisabethtal, Alexandershilf, Katharinenfeld, Marienfeld, Helenendorf, Annenfeld; später entstanden noch weitere Dörfer wie Petersdorf und Alexandersdorf.