Der Vorläufer des Pietismus

Martin Luther
Martin Luther

auch wenn die Refor-mation in vielerlei Hinsicht eine Erneu-erungsbewegung war, hatte Martin Luthers Betonung der reinen Lehre und Philipp Melanchtons philo-sophisches Interesse zu einer starken Theoretisierung der Theologie geführt.

Es wurden "Erfahrungsdefizite des religiösen Lebens" spürbar und viele Fragen blieben offen, wie z.B. wenn Gott ein gnädiger Gott ist, der die Sünde vergibt, fordert er dann wirklich nichts als nur den Glauben?

Kurfürst August von Sachsen und Kurfürst Johann Georg v. Brandenburg - Torgauer Konkordienformel
Konkordienformel

In den Reihen der Anhänger Luthers und der Reformation kam es aber schon früh zu Kritik an einer mangelnden Ver-wirklichung des christ-lichen Lebens, der praxis pietatis ("Frömmigkeits-praxis"), die in der Mitte des 16. Jahrhunderts zur Erstarrung der Refor-mation mit dogmatischen Schulstreitigkeiten brachte und sich mit gnadenlosem Hass auf den jeweils anders Denkenden vermischte. Die Streitigkeiten endeten 1577 in der Konkordien-formel1, die den evangelischen Glauben bis in alle Einzelheiten ausformulierte.

Johann Gerhard
Johann Gerhard

Die Konkordienformel gilt als Abschluss der luthe-rischen Konfessionsbil-dung und der Beginn der Lutherischen Orthodoxie, deren wichtigste Vertreter die Theologen Johann Gerhard (1582-1637), Abraham Calov (1612-1686), Johann Andreas Quenstedt (1617-1688) und David Hollaz (1648-1713) waren.

Dennoch pflegten viele Vertreter der Lutherischen Orthodoxie auch eine tiefe persönliche Frömmigkeit (so z.B. der einfluss-reichste Theologiepro-fessor Johann Gerhard, der Liederdichter Paul Gerhardt und der Komponist Johann Sebastian Bach).

Die bedeutendste Persönlichkeit für die Frömmigkeitsentwicklung im 17. und 18. Jahrhundert in Deutschland und gewissermaßen der "Vater des Pietismus" war Pfarrer Johann Arndt (1555-1621), ein Anhänger Philipp Melanchtons, dessen Wahlspruch „Christus hat viele Diener, aber wenig Nachfolger“ lautete.

 

In Gedenken an Adolf Arndt, Kirche St. Viti in Badeborn (ein Ortsteil der Stadt Ballenstedt im Landkreis Harz in Sachsen-Anhalt)
In Gedenken an Adolf Arndt, Kirche St. Viti in Badeborn (ein Ortsteil der Stadt Ballenstedt im Landkreis Harz in Sachsen-Anhalt)

 

zurück 1 weiter

1 Konkordienformel = 1577 einigten sich alle der Reformation von Martin Luther zugeneigten Fürsten und Städte in Deutschland auf die Konkordienformel. Auf dieser Grundlage unterzeichneten die evangelischen Landstände (51 Kurfürsten, Herzöge, Markgrafen und Grafen sowie 35 freie Reichsstädte) die "Gründliche, allgemeine, lautere, richtige und endliche Wiederholung und Erklärung etlicher Artikel des Augsburger Bekenntnisses, in welchen seither unter evangelischen Theologen Streit vorgefallen".
Die Konkordienformel grenzte sich vor allem in der Auffassung vom heiligen Abendmahl gegen die Auffassung von Huldreich Zwingli ab.
Die Konkordienformel gilt als Abschluss der lutherischen Konfessionsbildung und der Beginn der Lutherischen Orthodoxie. Alle Evangelischen, die dieser Konkordienformel zustimmten, sollten sich fortan lutherisch nennen; alle Protestanten, die der Konkordienformel nicht zustimmten, wurden nun als Reformierte im Sinne von Huldreich Zwingli und Johannes Calvin bezeichnet. Wer ein kirchliches Amt übernehmen wollte, musste diese Formel anerkennen und unterschreiben.