Die Geschichte der Waldenser

(Teil 5 von 6)

Die Vertreibung der Waldenser

Karl Emanuel II.
Karl Emanuel II.

am 15.5.1650 erteilte Karl Emanuel II. den Befehl, dass die Waldenser alle Siedlungen außerhalb der ihnen im Friedensvertrag von Cavour gewährten Gebiete zu verlassen hatten.

Die Rechtslage war dabei keineswegs eindeutig, denn Art. 21 des Vertrages von Cavour in seiner Erst-fassung genehmigte den Waldensern die Nieder-lassung im gesamten Herzogtum, sofern sie nicht aktiv missionierten. Die Empörung der Waldenser wuchs, als bekannt wurde, dass zumindest zwei Orte, aus denen waldensische Bewohner vertrieben werden sollten, innerhalb des ihnen zugestandenen Territoriums gelegen waren. Doch aus Furcht vor den Maßnahmen der Regierung verließen die Betroffenen trotzdem Haus und Hof und flohen zu ihren Glaubensbrüdern in den Tälern.

Jean Léger
Jean Léger

Trotz diplomatischer Bemühungen und Bittgesuche am Hof von Turin, die vor allem vom waldensischen Pastor Jean Léger geleitetet wurden, wurde die Stimmung immer brisanter.

Eine Brandstiftung 1653 im Convent in Villar Pellice sowie der Mord an einem katholischen Priester im Frühjahr 1655, der Léger angelastet wurde, brachte die Waldenser weiter unter Druck.

Am 25.1.1655, mitten im eiskalten Winter, kam der Befehl an alle Waldenser in Lucerua, Fenile, Bubiana, Bricherasio, San Giovanni und La Torre, dass sie unter Drohung der Todesstrafe und Güterkonfiskation innerhalb von 3 Tagen ihre Heimatorte verlassen mussten, um nach Angrogna, Bobbio Pellice, Villar Pellice und Rorà zwangsumgesiedelt zu werden, da nur in diesen Orten die protestantische Religion geduldet werde.

Alle, die zum Katholizismus überliefen, durften ihre Besitztümer behalten. Die anderen Besitztümer mussten innerhalb der nächsten 20 Tage an Italiener verkauft werden.

Verhandlungen mit dem Herzogtum ergaben nur, dass das Dekret vorübergehend auf die Familienoberhäupte eingeschränkt wurde. Diese zogen fast alle nach Angrogna.

Die Waldenser und die "Piemontesischen Ostern"

kämpfende Waldenser
kämpfende Waldenser

Im April 1655 kam es zu heftigen Kämpfen. Die Waldenser konnten ihre Linie allerdings halten, indem sie die piemontesisch katholische Armee besiegten.

Als man feststellte, dass man die Waldenser nicht besiegte, schlug man ihnen am 21. April eine “Friedensverhandlung“ vor. Der Marquis von Pianezza entschuldigte sich für den Vorfall mit der Behauptung er müsse die Grenzen gegen Frankreich schützen. Die Waldenser glaubten ihm und ließen ihn und seine 16.000 Soldaten durch die Pässe. Für seine Soldaten bat der Marquis um Unterkunft in den waldensischen Häusern. Gutgläubig wurden die Soldaten aufgenommen.

die Ermorderung waldensischer Kinder
die Ermorderung waldensischer Kinder

Als am 24. April 1655, Karsamstag, um 4 Uhr morgens die Glocken der Burg von Torre Pellice als Todessignal für die Soldaten ertönten, wurden tausende Waldenser aus dem Schlaf gerissen und auf brutalste Art und Weise niedergemetzelt. Im Massaker, das als „Piemontesische Ostern“ oder auch „Blutsfrühling“ in das protestantische Gedächtnis eingegangen ist, fanden ca. 6.000 Waldenser den Tod. Offiziell endete die Strafexpedition am 3. Mai mit einer Siegesfeier des Fürsten.

Sii fedele fino alla morte ...
Sii fedele fino alla morte ...
(Sei treu bis in den Tod)

Dieses tragische Ereignis erschütterte nicht nur die Waldenser zutiefst, sondern auch das protestantische Ausland.

In einem Bittschreiben wandten sich die Waldenser an die Reformierte Kirche1 in Genf, die wiederum andere reformierte Regierungen informierte.

England, die Niederlande und die reformierte Schweiz wurden nun ebenso aktiv wie Brandenburg-Preußen und setzten sich für ihre verfolgten und unterdrückten waldensischen Glaubens-brüder ein.

 

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1 reformierte Kirche (oft auch: evangelisch-reformierte Kirche): auf die Reformation Ulrich Zwinglis und Johannes Calvins (Calvinismus) zurückgehende Kirchengemeinschaften, die hauptsächlich in der Schweiz, in Schottland, in einigen Teilen Deutschlands, in Frankreich, in Ungarn und den USA (Presbyterianer) verbreitet ist.