Die Geschichte der Waldenser

(Teil 3 von 6)

Petrus Waldes und seine Anhänger

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Michael Peter Ancher: Laienprediger
Michael Peter Ancher: Laienprediger

ie Predigt von Petrus Waldes, die sich von Übertreibungen und harter Kritik am Bestehenden nicht frei hielt, barg nach Meinung des Bischofs von Lyon Gefahren für den Glauben in sich. Er verbot daher diese Bewegung, weil er sie, als Laienbewegung, nicht für qualifiziert ansah, über Glaubensfragen zu sprechen.

Waldes wandte sich an den Papst. Er erschien auf dem 3. Laterankonzil 1179 und Papst Alexander III., der sein Armutsideal lobte, gestattete ihm die Bußpredigt1, wenn Waldes andererseits auf Glaubensverkündigung ver-zichtete.

Pieter Brueghel: Bußpredigt des Johannes
Pieter Brueghel: Bußpredigt des Johannes

Diese Bedingung war aber sehr unklar. Unter dem Vorwurf, sie nicht eingehalten zu haben, verbot der Bischof von Lyon die Tätigkeit der Bewegung ein zweites Mal.

Wieder wandte sich Waldes nach Rom. Aber diesmal reagierte Papst Lucius III. scharf und verbot 1184 jegliche Predigttätigkeit und tadelte die ganze Bewegung, die inzwischen radikale Formen angenommen hatte. Nun widersetzte sich Waldes.

Er bezog sich auf seine innere Berufung und persönliche Sendung durch Christus und erklärte, nur derjenige habe ein Recht, Christus zu verkündigen, der selbst alles hingegeben habe und in völliger Armut lebe.

Hierauf wurden Waldes 1182/83 durch den Erzbischof exkommuniziert und mit seinen Anhängern aus Lyon vertrieben.

Folterung

Im Jahr 1184 wurden die "Armen von Lyon" in dem von Papst Lucius III. nach dem Konzil von Verona verfassten Edikt Ad Abolendam (lat.: "auszutilgen") erstmals als Häretiker aufgeführt, mit dauernder Ex-kommunikation belegt und mit schweren Strafsanktionen bedroht. Das Dokument bildet eine der frühesten päpstlichen Maßnahmen zur Häretikererbekämpfung und gilt deshalb als einer der bedeutendsten Schritte in der Herausbildung der Inquisition.

Über die letzten Lebensjahre von Petrus Waldes, der in seiner Auffassung vom laikalen Dienst am Glauben gerne mit Franz von Assisi verglichen wird, ist nichts bekannt. Sein Tod wird in der Literatur in den Jahren vor 1207, mit Sicherheit aber vor 1218 angesetzt.

Papst Innozenz III.
Papst Innozenz III.

Eine weitere Verurteilung erfolgte 1215 im Zuge des IV. Laterankonzils unter Papst Innozenz III..

Offiziell sagten sich die Waldenser niemals von der Papstkirche los. Doch ihre Kritik an fundamentalistischen Prinzipien der katholischen Kirchenlehre führte wie bei anderen vorreformatorischen Gruppierungen zu erbarmungslosen Verfolgungen durch die Inquisition, wodurch sie zur Flucht gezwungen wurden.

So siedelten sie vor allem in den schwer zugänglichen Alpentälern des Piemonts, den sogenannten Waldensertälern (Val Chisone, Valle Germanasca und Val Pellice in den Cottischen Alpen).

Synode von Chanforan
Synode von Chanforan

Nachdem Martin Luther in Deutschland, Ulrich Zwingli, Johannes Oekolampad und später Johannes Calvin in der Schweiz die Reformation begonnen hatten, schlossen sich die verbleibenden Anhänger der Bewegung der “Armen von Lyon“ 1532 auf der Synode von Chanforan der schweizerischen Reformation (Calvinis-mus) an.

Waldensische Prediger wurden ortsansässig, gaben das Zölibat auf und das Volk bekannte sich offen zum protestantischen Glauben.

Schon 1555 wurden die ersten protestantisch-reformierten Kirchen2 Italiens in den "Waldensertälern" errichtet.

Im Friedensvertrag von Cavour vom 5.6.1561 gewährte der savoyische Herzog Emanuele Filiberto seinen protestantischen Untertanen innerhalb eines als waldensisches Territorium designierten Bezirks Religonsfreiheit. Dieses Gebiet umfasste das Pellice- und das Angrognatal, das Germanascatal und das östliche Perousetal.

Waldensertäler
Waldensertäler

 

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1 Bußpredigten wurden gehalten, um das Kirchenvolk auf die Fastenzeit einzustimmen, zur Teilnahme an Wallfahrten oder Kreuzzügen aufzureizen oder zur Spende für bestimmte Zwecke (z.B. Almosen, Kirchen- oder Brückenbau) geneigt zu machen. Dazu konfrontierten die Prediger ihre Hörerschaft mit deren Sünden und Verfehlungen, mit dem daraus erwachsenden Zorn Gottes und mit den zu erwartenden Strafen. Den "Sündern" wurden dann drastisch die Marter der Hölle ausgemalt und zuletzt Wege und Mittel zur Errettung aufgezeigt.
Bußprediger bedienten sich der Volkssprache; sie fesselten ihre Hörerschaft durch eingeflochtene Sprichwörter und Redensarten, durch bildhafte Vergleiche und Wortspiele, durch Rätsel und Zahlenspiele, durch drastische Übertreibungen und ergreifende Märlein und durch stilistische Mittel wie Wechselrede oder Selbstgespräch.

2 reformierte Kirche (oft auch: evangelisch-reformierte Kirche): auf die Reformation Ulrich Zwinglis und Johannes Calvins (Calvinismus) zurückgehende Kirchengemeinschaften, die hauptsächlich in der Schweiz, in Schottland, in einigen Teilen Deutschlands, in Frankreich, in Ungarn und den USA (Presbyterianer) verbreitet ist.