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Migrationsbewegungen

Südwestdeutschland als Auswanderungsland

im 18. Jahrhundert

Der 3. Versuch der dänischen Regierung das dänische Jütland urbar zu machen

Die Auswanderungswilligen sollten sich in der freien Reichsstadt Frankfurt am Main melden, um dort hinreichend belehrt und mit den nötigen Pässen versehen zu werden.

Johann Friederich Wilhelm Moritz, königlicher dänischer Legationsrat, Hofrat und Resident verschiedener Fürsten in Frankfurt a. Main, beauftragte im Sommer 1759 einige Unteragenten mit der Anwerbung der Kolonisten in Südwestdeutschland, wo es durch die Verheerungen des Siebenjährigen Krieges (1756 bis 1763) genug Ausreisewillige gab.

Peter Becker: Frankfurt am Main Anfang des 17. Jahrhunderts
Peter Becker: Frankfurt am Main Anfang des 17. Jahrhunderts

Der evangelische Johann Christoph Rau aus Leutershausen bei Heidelberg übernahm die Anwerbung der Kolonisten ev.-lutherischer Konfession, der reformierte Paul Anthony (Antony Paul), ebenfalls aus Leutershausen, die der Reformierten und der katholische Peter Helwig aus dem Bistum Würzburg die der Katholiken.
Die Agenten sollten sich an die Verordnung vom 28. Mai 1759 halten und Vorsicht bei der Auswahl der Kolonistenwalten lassen. Sie hatten ihre Kolonisten zum Transport vorzubereiten und später als Kolonnenführer die Transporte mit den Kolonisten von Frankfurt a. Main nach Altona und weiter nach Jütland zu leiten.

Aus wirtschaftlichen und/oder religiösen2 Gründen folgten in den Jahren 1759 und 1760 ca. 1.200 deutsche Bauern und Abenteurer aus der Kurpfalz und aus Hessen den Verlockungen der Werbeagenten des dänischen Königs Friedrich V., die für jeden Angeworbenen 4 Reichstaler bekamen.

Um eine Begegnung mit der preußischen Armee in der Zeit des in Europa herrschenden Siebenjährigen Krieges zu vermeiden, sollte die Auswanderungsroute nach Jütland über Gelnhausen, Fulda, Kassel, Hirschfeld, Görringen, Lüneburg, Lübeck, Schleswig, Flensburg, Hadersleben (Haderslev) und dann weiter entweder auf dem Wasserweg nach Arhausen (Århus) oder auf dem Landweg nach Fredericia.

Am 28. August 1759 fuhren die ersten 15 Familien aus der Kurpfalz nach Jütland ab. Es waren die Familien Kahrmann, Falhaber, Seymert, Wegeser, Herholdt, Ohlschläger, Zimmermann, Petzer, Würfel, Müller, Laitenschläger, Reuter, Keil, Eyeliner und Barthold. (S.54)

 

Die neuen Siedler sollten die öde jütländische Heide in Süddänemark (Alhede und Randbøl Hede) zwischen Eider und Danewerk kultivieren und kolonisieren.

Auswanderung

Im Oktober 1759 kamen die ersten Familien in Viborg an. Sie kamen aus der Gegend um Frankfurt, Darmstadt, Heidelberg und Karlsruhe.

mehr ...... Kartoffeldeutsche

 

Aus einer Notiz aus Gottorf geht hervor, dass am 10. Juni 1761 17 Kolonien existierten, in denen insgesamt 250 Familien lebten.

Katharina II. von Russland
Katharina II. von Russland

Wegen der unerwartet schwierigen Bedingungen kehrten viele der Eingewanderten in ihre Heimat zurück; fast die Hälfte der Eingewanderten folgte im Jahr 1763 dem Aufruf der russischen Zarin Katharina II. die bisher brachliegenden Steppengebiete an der Wolga zu besiedeln, die späteren sogenannten Wolgadeutschen. Ein Teil wurde in Ingermanland um die Hauptstadt St. Petersburg herum angesiedelt, ein anderer Teil wurde in Livland auf der Krondomäne Hirschenhof angesiedelt.

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zeitgenössische Karikatur: Napoleon als Sohn des Teufels
zeitgenössische Karikatur:
Napoleon als Sohn des Teufels

m letzten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts hatte sich infolge der Zeitereignisse (fran-zösische Revolution, Napo-leonische Kriege, Missernten) die apokalyptische Nah-erwartung immer mehr aufgeheizt, nicht zuletzt auch durch die als Sohn des Verderbens gedeutete Gestalt Napoleons.

Die evangelische Bevölkerung Württembergs, besonders die ländliche Bevölkerung, befand sich in religiöser Unruhe und Aufregung. Der Pietismus war in der Zwischenzeit tief in dieselbe eingedrungen; dazu kam die weite Verbreitung von Johann Albrecht Bengels chiliastischen1 Ideen.

 

Deutsche in Pittsburgh in Pennsylvania

Johann Georg Rapp
Johann Georg Rapp

Johann Georg Rapp (1757-1847), Leinenweber aus Iptingen bei Maulbronn, der die Wiederkunft Christis auf den August 1829 voraussagte, reiste 1803 mit seinem Sohn und einigen Anhängern über Amsterdam nach Amerika, um dort Land für seine Siedlung zu suchen.

Rapp kaufte schließlich für die Gründung seiner Siedlung Harmony in der Nähe von Pittsburgh in Pennsylvania 1.640 ha Land.

Schon im darauffolgenden Jahr verließen 700 seiner Anhänger, meist Bauern und Handwerker, das Herzogtum Württemberg, nachdem sie ihre Güter verkauft hatten, und zogen, über Amsterdam nach Amerika.

mehr ...... Johann Georg Rapp

 

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Abschied der Auswanderer - Zeichnung von Rudolf Suhrlandt (1781 - 1862)
Abschied der Auswanderer
Zeichnung von Rudolf Suhrlandt (1781 - 1862)

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts emigrierten auch viele Deutsche nach Osten: nach Ungarn, Rumänien und Russland. Auch diese Auswanderungen wurden von den jeweiligen Landesherren begünstigt.

Durch diese Ostbesiedlung (früher auch Ostkolonisation genannt) wurde das deutsche Reichsgebiet um etwa ein Drittel vergrößert.

In Böhmen (Sudetengebiet, Iglau), in Polen (angrenzend an Schlesien bis hin nach Galizien4 und Wolhynien5) und in Ungarn (Zips6, Siebenbürgen) entstanden deutsche Sprachinseln.

spread of German language

 

Wenn du die Verbreitung der deutschen Sprache in Europa in den verschiedenen Epochen (7. - 20.Jahrhundert) sehen willst, dann klicke auf das Bild hier rechts right

 

 

 

indietro 1 avanti

 

 

2 Die Protestanten im Kurpfälzer Bereich litten unter der damals aktuellen ,,Gegenreformation". Die französisch-katholische Besetzung des Rhein-Main-Gebietes brachte einen Terror gegen alles Protestantische mit sich. Die in Lutheraner und Reformierte (Calvinisten) geteilten Protestanten hielten diesem Druck nicht immer stand. Nicht einmal das bestehende Auswanderungsverbot und die angedrohten Strafen bei einer Rückkehr konnten sie davon abhalten, den langen Marsch nach Norden anzutreten.

1 Chiliasmus oder Millenarismus = (aus dem Griechischen von chilias, 1000); bezeichnet den Glauben an die Wiederkunft Jesu Christi und seine tausendjährige Herrschaft auf Erden am Ende der Weltgeschichte bzw. am Ende allen Unheils, an dem nur die Gerechten teilhaben sollten. Sie gründen sich auf eine Stelle der Johannesoffenbahrung (Offb 1,1; 20, 1-8).
Der Begriff wird auch als Bezeichnung für den Glauben an das nahe Ende der gegenwärtigen Welt verwendet und ist manchmal mit der Erschaffung eines irdischen Paradieses, oder für einen apokalyptischen Fatalismus im Zusammenhang mit einer Jahrtausendwende verbunden.
Spuren des Chiliasmus findet man schon in den ersten Jahrhunderten der Christenheit. Bis weit ins Mittelalter hinein fürchteten die Menschen daher die Jahrtausendwende, die mit der Wiederkunft Christi zugleich den Weltuntergang besiegele. Die meisten protestantischen Reformatoren lehnten den Chiliasmus grundsätzlich ab, doch lebte er im 16. Jahrhundert bei den Täufern und Taboriten wieder auf und im 17. Jahrhundert hingen protestantische Erweckungsbewegungen dem Chiliasmus an. Von dort aus drang er in den Pietismus ein. Heute glauben beispielsweise die Adventisten, die Mormonen und die Zeugen Jehovas an ein Millennium.

4 Galizien = das nördliche Karpatenvorland zwischen der oberen Weichsel und der Bukowina.
Der Name Galizien knüpft an das Fürstentum Halitsch (Galitsch) an, das sich im 11. Jahrhundert vom Kiewer Reich löste. 1349 kam das Gebiet nördlich der Karpaten und östlich des Flusses San an Polen. Bei der 1. Polnischen Teilung 1772 fiel es zusammen mit dem kleinpolnischen Gebiet südlich von Weichsel und Wisłoka als Königreich Galizien und Lodomerien an Österreich; dieses gesamte Gebiet hieß seit 1795 Ostgalizien. Die in der 3. Polnischen Teilung 1795 von Österreich erworbenen Gebiete bis zum Bug und zur Pilica, Westgalizien genannt, kamen an das Großherzogtum Warschau, 1815 an Kongresspolen. - Das historisch überwiegend von Ukrainern bewohnte östliche Galizien wurde 1919 wieder Polen einverleibt, nachdem dort kurze Zeit eine Westukrainische Volksrepublik existiert hatte. Seit 1939 ist dieses neuerdings gleichfalls Ostgalizien genannte Gebiet ein Teil der Ukraine. Als Westgalizien bezeichnet man heute das polnische Nordkarpatenvorland.

5Wolhynien, historische Landschaft im Nordwesten der Ukraine, zwischen dem Westlichen Bug (im Westen) und dem Tal des Dnjepr (im Osten), dem Prypjat in Polesien (im Norden) und Podolien im Süden, war im 9./10. Jahrhundert ein Teil des Kiewer Reiches, im 11./12. Jahrhundert ein unabhängiges Herzogtum und wurde 1188 mit Galizien vereinigt. Im 14. Jahrhundert kam Wolhynien an Litauen, 1569 durch die Lubliner Union an Polen, ab 1793 beziehungsweise 1795 kam Wolhynien zu Russland. Im 19. Jahrhundert wurden in Wolhynien Deutsche und Tschechen angesiedelt.
1915 wurden rund 200.000 Wolhyniendeutsche nach Sibirien und Zentralasien deportiert. Etwa 100.000 Überlebende kehrten nach dem Krieg in ihre Heimat zurück.
Der Westteil Wolhyniens kam 1921 an Polen. Während der deutschen Besetzung 1941-44 wurde die jüdische Bevölkerung Wolhyniens ausgerottet und die Wolhyniendeutschen zum Teil nach Deutschland, zum Teil in das Gebiet um Posen zwangsumgesiedelt. 1943-44 kam es zwischen Ukrainern und Polen zu bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen, wobei es auf beiden Seiten zu tausenden von Opfern kam. 1947 wurden ca. 200.000 Wolhynientschechen in die Tschechoslowakei umgesiedelt.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges fiel das gesamte Wolhynien an die Sowjetunion. Seit 1992 gehört Wolhynien zum größten Teil zur Ukraine.

6 Zips = historische Landschaft in der Slowakischen Republik; im Verlauf der deutschen Ostsiedlung wurden von ungarischen Königen seit Ende des 12. Jahrhunderts in Schlesien und Mitteldeutschland angeworbene Bauern in der Oberzips (Sammelbezeichnung Zipser Sachsen), im 13. Jahrhundert auch aus Bayern stammende Bergleute und Handwerker im Gründner Boden angesiedelt. Die 24 Zipser Städte sicherten 1370 ihre Selbstverwaltungsrechte in der »Zipser Willkür« (1608 beschnitten), die 1876 aufgehoben wurde. Wegen der nun zunehmenden Magyarisierungspolitik wanderten viele Menschen in die Städte ab oder in die USA aus und Slowaken zogen zu. Mit dem Vertrag von Trianon (1920) wurde die Zips offiziell Teil der Tschechoslowakei; 1945 Vertreibung der Zipser Sachsen.